Die Rebellin – Die Gilde der schwarzen Magier
Trudi Canavan
In Sonea schlummern Fähigkeiten, von denen sie nie auch nur geträumt hätte: Sie, das unbedeutende Straßenkind, hat magische Kräfte – so wie sonst nur die Mitglieder der gefürchteten und reichen Magiergilde. Mit einem Mal ist sie zu einer wichtigen Schlüsselfigur im Mächtespiel ihrer Welt geworden. Sonea muss sich entscheiden, für wen und gegen wen sie ihre Kräfte einsetzt.
Während eines Protests in der Stadt, bei dem bisher geduldete Bewohner hinausgetrieben werden sollen, gelingt Sonea etwas, das sie selbst nicht für möglich gehalten hätte: Sie schafft es mit einem Stein, das unsichtbare Schutzschild der Magier zu durchdringen und einen der für den König arbeitenden Männer zu verletzen. Doch nach dieser „Heldentat“ ist sie vor den Magiern nicht mehr sicher, denn der König duldet keine wilde Magie außerhalb der Gilde. Allerdings hasst das Hüttenvolk, das außerhalb der Stadtmauern seine Häuser errichten muss, nichts mehr als die Magier selbst. Hier herrschen hingegen die Diebe und genau zu ihnen wird Sonea von ihren alten Freunden gebracht. Eigentlich haben Harrin und seine Gruppe nicht viel mit den Dieben zu tun, aber Cery, der wohl mehr für Sonea übrig hat, schafft es, einen Handel mit einem der Anführer einzugehen. Ab diesem Zeitpunkt wird Sonea von den Dieben versteckt und beschützt, während die Magier immer weiter in die Hüttenstadt vordringen und sie versuchen ausfindig zu machen, um sie vor ihrer eigenen Magie zu beschützen, die ohne Ausbildung immer gefährlicher und lebensbedrohlich wird. Ein Katz-und-Maus-Spiel beginnt.
In dem ersten Teil der Trilogie um Sonea stellt die Autorin zwei Welten vor. Zum einen die reiche Welt der Städter, die von den Magiern beschützt wird, die wiederrum dem König unterstehen. Zum anderen die Welt der armen Leute und Arbeiter, die vor den Stadttoren leben und in deren Vierteln die Diebe das Sagen haben. Während der Magier Rothen und Dannyl versuchen Sonea zu finden und ihr klar zu machen, dass sie ihr nichts Böses, sondern nur helfen wollen, versucht Faren, einer der obersten Diebe, Sonea dabei zu helfen auch ohne die Hilfe der Magier, ihre Kräfte unter Kontrolle zu bringen. Natürlich nicht umsonst.
Tatsächlich erzählt die Autorin im ersten Teil gar nicht die Geschichte eine Mädchens, das herausfindet im Besitz besonderer Kräfte zu sein, die ihr sogar die Türen zu einem besseren und ggf. selbstbestimmten Leben öffnen können, sondern die Geschichten unterschiedlicher Männer, die aus verschiedenen Gründen Interesse an dem Schicksal dieses Mädchens haben.
Dabei gelingt es Canavan mit sehr vielen schönen Ideen, das doch sehr lange Versteckspiel irgendwie spannend zu halten. Sowohl die Magier als auch die Diebe stellen zwei ebenbürtige Parteien dar. Allerdings wird es auch für den begeisterten Lesen irgendwann zu viel, wenn Sonea ins zigste Versteck gebracht wird und die eigentlich so schlauen Magier es doch nicht schaffen, sie zu finden, bis zu dem einen Augenblick, an dem es schon fast zu spät ist und ihre Magie alle droht umzubringen. Überraschend ist das dann auch nicht mehr. Viele gute Ideen rund um die Magie, ihre Wirkung, die Diebe und ihre Fallen und Tricks machen das Buch trotzdem auf eine angenehme Art unterhaltsam und zu einem Fantasyroman. Auch am Schreibstil ist überhaupt nichts auszusetzen. Nur die Protagonistin – die ist eigentlich gar keine. Erst im letzten Drittel des doch 537 Seiten starken Romans lernt der Leser Sonea etwas näher kennen. Sehr gelungen ist der Schluss des ersten Buches, der auf eine große Intrige und sicherlich einen Krieg hinweist.
Eigene Meinung
Vielleicht bin ich mittlerweile zu alt für diese Art von Büchern. Überzeugen konnte es mich nicht wirklich, auch kann ich nicht nachvollziehen, wie einige Rezensenten bei dieser langatmigen und doch recht stringenten Handlung von einer temporeichen Erzählung berichten. Auf ca. 300 Seiten passiert immer wieder das Gleiche: Sonea wird von einem Versteck zum nächsten gebracht, die Magier finden sie fast und im letzten Augenblick kann sie fliehen.
Und genau da liegt auch das Problem: Immer machen die anderen irgendwas mit Sonea. Die angebliche Heldin lässt alles mehr oder weniger teilnahmslos und verzweifelt mit sich geschehen. Denn eigentlich will sie die Magie ja gar nicht. Sie will viel lieber als armes Mädchen im Hüttenviertel leben und ihrer Tante und ihrem Onkel helfen. Warum sie dann ausgerechnet sich von den Personen helfen lässt, mit denen ihr zuvor die Tante den Umgang verboten hatte, erschließt sich mir als Leserin nicht so ganz. Zudem erfährt man nicht wie alt Sonea eigentlich ist und warum sie so aussehen will wie ein Junge. Denn für die Handlung macht es überhaupt keinen Unterschied wie sie aussieht, aber das schien der Autorin wichtig zu sein. Warum auch immer. Im letzten Drittel des Buches ist Sonea dann bei den Magiern und dort geht es genauso weiter wie bei den Dieben. Da fragt man sich als Leser doch, ob diese Sonea nicht einfach ein bisschen dumm oder naiv, vielleicht auch beides ist und was das Ganze eigentlich soll. Macht Magie klüger? Sonea will ja gar keine Magie haben, kommt aber nicht einmal auf die Idee, die Magier zu fragen, ob das nicht zu bewerkstelligen ist. Stattdessen lässt sie alles mit sich machen, wie zuvor bei den Dieben auch. Außerdem ist der einzige Grund, warum sie die Magie loswerden will, die Tatsache, dass sie das Hüttenvolk verraten würde, wenn sie bei den Magiern in die Ausbildung geht. Logisch!
Doch dann, ja dann hat auch Sonea einen Geistesblitz und man fragt sich, woher sie denn diesen Gedanken so plötzlich hernimmt:
„Wurden weibliche Magier in eine Art goldenen Käfig gesperrt? Legte man ihnen nahe, die Leitung der Gilde den Männern zu überlassen? Es musste frustrierend sein, über starke magische Kräfte zu verfügen und trotzdem ganz und gar von anderen beherrscht zu werden.“
Ach, echt jetzt? Und was hat die Protagonistin die 320 Seiten davor getan? Zudem hat Sonea diese Gedanken ohne die genauen Strukturen der Gilde zu kennen oder je mit einer weiblichen Magierin gesprochen zu haben.
Und irgendwie scheint diese Protagonistin auch rein gar nichts emotional zu bewegen. Selbst als sie herausfindet, dass in Wirklichkeit die Diebe sie an die Magier verraten bzw. verkauft haben, entlockt ihr das nur einen kurzen Moment des Erstaunens. Noch besser wird es, als ihr Cery gesteht, dass er sie liebt. Da schafft die Autorin es gerade noch so ihre Protagonistin ein „Oh, Cery! Warum hast du nie was gesagt?“ denken zu lassen. Schön!
Die gerne in anderen Rezensionen genannte Sozialkritik kommt so seicht daher, dass es eher nervt. Das ganze treibt die Autorin auf die Spitze, indem sie die Charaktere auch noch so stumpfsinnig handeln lässt, dass man sich so manches Augenrollen echt nicht verkneifen kann. Und der Bösewicht in diesem ersten Teil ist genauso blass, wie die Protagonistin selbst. An dieser Stelle bleibt die Autorin wenigstens ihrer Linie treu.
Fazit: Fürs erste wird „Die Rebellin“ das einzige Buch bleiben, das ich von Trudi Canavan gelesen habe.
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