Ein ganzes Leben

Robert Seethaler

Robert Seethaler erzählt von dem Seilbahnarbeiter Andreas Egger, dem Unglück und Glück widerfährt, über den die Zeit hinweggeht und der am Ende versöhnt und staunend auf die Jahre blickt, die hinter ihm liegen. Es ist eine einfache und tief bewegende Geschichte. Die Geschichte eines ganzen Lebens.

 

Als Egger noch klein ist, kommt er in das einsame Tal in den Bergen. Dort lebt ein Onkel, der ihn aufnimmt, als seine Mutter stirbt. Als Bastard wächst er bei dem Bauern auf, der ihn hart arbeiten lässt und schlägt, bis er dem Jungen sogar den Oberschenkel bricht und der Knochen falsch zusammenwächst. Seit diesem Zeitpunkt humpelt Andreas. Er beugt sich den Schlägen des Bauerns, doch nur bis zu dem Tag, an dem er stark genug ist, ihm offen ins Gesicht sagen zu können, dass er ihn totschlägt, wenn er ihn nochmals anfasst. Der starke und hochgewachsene Mann lebt und arbeitet, verliebt sich, sorgt für seine Frau, nimmt einen Job bei der Seilbahngesellschaft an und landet in russischer Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Rückkehr hat sich die Welt verändert, doch im Tal und in den Bergen ist er daheim und er arbeitet, lebt und findet zu guter Letzt dort seinen Frieden.

Ein ganzes Leben
Auf 155 Seiten beschreibt Seethaler das Leben eines einfachen Mannes, der eine grausame Kindheit durchlebt, zum Krüppel geschlagen wird und die Liebe seines Lebens findet, die ihm entrissen wird, als die Welt in Ordnung scheint. Dieser einen Liebe und der Liebe zu den Bergen bleibt er bis zum letzten Tag treu, genauso wie sich selbst, obwohl er schwere Arbeit verrichten muss und der 2. Weltkrieg ihn mit seiner Unmenschlichkeit fast umbringt. Dabei erzählt Seethaler weder theatralisch noch nüchtern. Vielmehr gleicht sein Roman einer Erzählung, der man in kleiner Runde an einem Winterabend lauscht und schweigend nickt, wenn man sich selbst wiedererkennt.

 

Eigene Meinung

Irgendwo fängt es an und irgendwo hört es auf. Das ist die Quintessenz dieses Buches, das einen Ruhe, Zufriedenheit und sogar eine gewisse Demut lehren kann, wenn man sich auf diese Geschichte einlässt.

Trotzdem erinnert der Stil von Seethaler an bereits Bekanntes. Während des Lesens hatte ich die ganze Zeit das Gefühl bereits so ein ähnliches Buch gelesen zu haben. Das Einzige, was mir dann eingefallen ist, war Herbstmilch von Anna Wimschneider, es würde sogar von der Zeit (Anfang 20. Jahrhundert) passen. Dies soll die Qualität der Geschichte aber nicht schmälern.

Ich weiß nicht warum dieses Buch gut ist. Vielleicht aber ist es die Sehnsucht nach der Einfachheit des Seins, die hier in allen Fassetten beschrieben wird. Wunderschön und lesenswert.

„Er sammelte die Steine, und weil ihm dabei langweilig wurde, gab er ihnen Namen. Und als ihm die Namen ausgingen, gab er ihnen Worte.“

„Man kann einem Mann seine Stunden abkaufen, man kann ihm seine Tage stehlen oder ihm sein ganzes Leben rauben. Aber niemand kann einem Mann auch nur einen einzigen Augenblick nehmen.“

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