Schreiben als Handwerk
Handwerk Schreiben
Viele, vielleicht sogar alle Autoren, Journalisten und Schriftsteller sagen, das Schreiben ein Handwerk ist. Gut, das behaupten auch Chirurgen, wenn man sich mit ihnen über den Beruf unterhält. Es wird wohl kaum einen Beruf geben, der dies nicht von sich behaupten kann bzw. will. Jeden Beruf kann man als Handwerk auslegen, schließlich bedingt man sich in welcher Form auch immer der Hände und des Werkens.
Schreiben als Handwerk – weil man mit den Händen schreibt, mit Stift oder Keyboard?
Eine Fertigkeit, die uns im Kindesalter beigebracht wird. Man trainiert mit uns Buchstaben, ihre Form und gibt ihnen Bedeutung. Später bringt man uns bei, wie aus Buchstaben einzelne Worte gebildet werden, dann ganze Sätze, durchsetzt dieses Wissen mit Interpunktionsregeln und ergänzt es mit Grammatik. Im Laufe unserer Schulzeit lernen wir Aufsätze zu schreiben, Texte zu strukturieren, es wird uns beigebracht, was eine Interpretation und Erörterung sind. Wir lernen zu sammeln, gliedern und auf Papier mit Zuhilfenahme eines Stiftes auszuführen. Man erklärt uns die Unterschiede zwischen Prosa und Lyrik, sogar Metaphern und Versmaß.
Eine Definition für Handwerk
Handwerk ist eine Tätigkeit, bei der mit erlernten Methoden und lange geübten Fertigkeiten Güter hergestellt werden.
Diese Definition ist ganz gut und leicht auf das Schreiben zu übertragen:
Schreiben ist eine Tätigkeit, bei der mit erlernten Methoden und lange geübten Fertigkeiten Texte hergestellt werden.
Trifft diese Definition wirklich auf das Schreiben zu?
Im Gegensatz zu anderer Handwerkstätigkeit sind Texte doch viel mehr als erstellte Güter. Sie vermitteln Wissen, haben Inhalte, die unterschiedlich oder eindeutig von Lesern interpretiert werden. Sie sind neben Bildern und Gesprochenem eine der ältesten Formen der Kommunikation und des Ausdrucks. Texte und Schriften überliefern Geschichte, halten Ideen fest und entwickeln sie weiter, sie sind auch Kunst. Und hier kann man die Frage stellen: Wo hört Handwerk auf und wie viel Handwerk benötigt man, um zu schreiben?
Es macht durchaus einen Unterschied, ob man einen Brief, eine Erzählung oder einen Zeitungsartikel schreibt. Formulierung, Satzbau und Ausdruck lassen sich trainieren. Was aber ist mit den Inhalten? Was ist mit Wortschatz, mit Gefühl für die Wortwahl und vor allem Kreativität?
Wenn man zu zehn Tischlern sagt: “Baut einen Stuhl.” Dann werden sie in allen Fällen einen Stuhl bauen, der sich sehr wahrscheinlich als Stuhl erkennen und benutzen lässt.
Gibt man zehn Autoren, gerne auch Journalisten, die Aufgabe, einen Text über die Stuhlherstellung zu verfassen, so tun sie es.
Alles Erstellte kann in Vergleich zueinander gesetzt werden. Unter den zehn Stühlen wird es welche geben, die besser gearbeitet sind als andere, gleiches gilt für die Texte. Mit Sicherheit werden die zwanzig Beauftragten nach erlernten Regeln ihre Arbeit verrichten. Der eine vielleicht mit etwas mehr Engagement, andere mit mehr Erfahrung und Routine. Ja, in diesem Sinn ist Schreiben ein Handwerk, das vergleichbare Resultate hervorbringt.
Was aber passiert, wenn man zu den zehn Tischlern sagt, sie sollen das bauen, was sie möchten und zu den Autoren: „Schreibt irgendeine Geschichte“ ?
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