Der gefrorene Rabbi
Steve Stern
Beim Durchwühlen der Gefriertruhe seiner Eltern stößt der gelangweilte Teenager Bernie Karp unter Tiefkühlpizzas und Koteletts zufällig auf einen Eisblock, die dem ein bärtiger alter Mann eingefroren ist. Ein Rabbi, wie sich herausstellt, der in der Familie als eine Art Talisman von Generation zu Generation weitergereicht wird und der Bernies Leben auf den Kopf stellt…
Steve Stern erzählt zwei Geschichten im Wechsel. Zum einen die von Bernie, der mit dem Auftauen des Rabbis aus einer jugendlichen Lethargie erwacht und sich nicht nur auf die Suche nach seinen Wurzeln, sondern sogar sich selbst macht, zum anderen die des gefrorenen Rabbis Elieser ben Zephir und wie er tatsächlich dort landen konnte, wo Bernie ihn letztendlich fand.
So beginnt die Geschichte des Rebbe 1889, der sich dann aufgetaut Ende des 20. Jahrhunderts ziemlich schnell anhand des Fernsehprogramms einlebt und mit finanzieller Unterstützung von Bernies Vater das Haus der Erleuchtung gründet.
Während der Rabbi in seinem eisigen Sarg zum Boibiczer Wunder wird, durch viele glückliche und weniger glückliche Begebenheiten als Eisblock in Amerika landet, nimmt der übergewichtige Bernie ordentlich ab, lernt viel über seinen alten Glauben und hat zu guter Letzt nicht nur die „andere Welt“, sondern auch noch eine Freundin am Hals.
Obwohl mich die Leseprobe auf vorablesen.de überzeugt hat, war ich an einigen Stellen doch sehr hin und her gerissen, ob ich dieses Buch sterbenslangweilig oder verdammt gut finden sollte.
Stern liest sich nicht flüssig und allein die vielen jiddischen Einwürfe, denen zum Teil keine Erklärung folgt, sind auf einigen Seiten ziemlich nervig, da zu viel. Gut, kann bei der Originalausgabe, die einen Glossar enthalten soll, anders sein. Doch man wird wohl auch da blättern müssen.
Trotzdem gelingt es Steve Stern immer wieder den Leser einzufangen und seine Charaktere sind so wunderbar menschlich und auch ein bisschen schräg, sodass man ihnen durch den Kampf und das Elend ihres Lebens folgen will und sich mit ihnen über die Erfolge freut. An Phantasie fehlt es Stern auf jeden Fall nicht, allein das macht die etwas zähen und manchmal etwas lieblos wirkenden Passagen wieder wett. Dabei schreibt er immer mit einem Witz, der zuweilen sehr ehrlich, aber nie wirklich verletzend ist.
“Am Fuß der Anhöhe sprang er in den eineinhalb Kilometer breiten Fluss und planschte, belebt vom kalten Wasser, auf den fliehenden Eisbrocken zu. Erst jetzt fiel ihm ein, dass er nicht schwimmen konnte.“
Etwas verwirrend ist allerdings das Ende der Erzählung. Vielleicht auch nicht. Man kann es sehen, wie man möchte. Auf jeden Fall bietet der Schluss viel Raum für Interpretationen. Das passt zu dieser Erzählung.
Diese Buch ist etwas für Liebhaber. Wer sich ein bisschen für das Jüdische, ein wenig für die Einwanderergeschichten in den Staaten und einen Funken Mystik begeistern kann, der wird an dieser Lektüre seine Freude haben.
Ein herzliches Dankeschön geht an vorablesen.de für das Rezensionsexemplar. Ein etwas anderer Lesespaß, aber Abwechslung muss sein.
Karl Blessing Verlag – ISBN-13: 978-3-89667-436-4
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