Alle Weihnachtserzählungen
Charles Dickens
Weihnachten im alten England
Kobolde, Geister und Gespenster treiben in den Weihnachtserzählungen ihr wundersames Spiel mit den Menschen. In Scharen steigen sie kettenrasselnd aus dunklen Kellern, dringen durch die Ritzen im Kamin und quellen aus den Silvesterglocken. Aber immer wieder werden wir aus dieser Zauberwelt in den Alltag der kleinen Leute versetzt. Durch den dichten Londoner Nebel schimmern die weihnachtlichen Auslagen der Geschäfte, und Bratendüfte schweben in den engen Gassen.
Fünf Kurzgeschichten finden sich in diesem Buch, das der Aufbau Verlag herausgegeben hat. Jede mit einigen sehr schönen und altertümlichen Tuschezeichnungen versehen. Als erstes selbstverständlich die wohl berühmteste und meist verfilmte Weihnachtserzählung überhaupt, die vom geizigen Scrooges, der von den drei Geistern der Weihnacht heimgesucht wird. Wie die Beschreibung „Weihnachten im alten England“ schon ankündigt, so ist auch der Erzähl- und Schreibstil von Dickens. An die Formulierungen und den Satzbau muss man sich ein bisschen gewöhnen. Wohl auch an die teilweise doch sehr ausschweifenden Beschreibungen von Dickens, wenn es um Charaktere oder Situationen geht. Dickens hatte wohl einen Faible dafür, seine Leser immer direkt anzusprechen, wenn man seine Geschichten liest. So kommt es immer wieder vor, dass er mitten in der Erzählung seine Leser zu etwas auffordert oder Formulierungen wie „das können Sie mir ruhig glauben“ benutzt. Manchmal ist dies im Lesefluss etwas störend, man gewöhnt sich allerdings schnell daran.
Diese Weihnacht habe ich nur zwei der Geschichten gelesen, die restlichen drei sind für das nächste Jahr reserviert. Den Klassiker „Ein Weihnachtslied in Prosa“ einmal zu lesen, anstatt nur die Verfilmungen anzuschauen, war doch etwas anderes. Allerdings kann man sagen, dass die Filme von Disney zwar sehr schön sind und die Geschichte zum großen Teil so darstellen, wie Dickens sie geschrieben hat, sie gelesen trotzdem einen ganz anderen Eindruck auf den Leser hinterlässt. Etwas bedrückend.
Auch die Geschichte „Silvesterglocken“ ist sehr düster und gewisserweise demütig geschrieben. Hier muss man sich etwas Zeit nehmen beim Lesen, denn die Formulierungen sind nicht ganz ohne und auch die Perspektive, wie Dickens sie nutzt, ist an manchen Stellen schwierig, denn er nutzt die Übertreibung als Mittel, um die Klassenunterschiede zwischen arm und reich hervorzuheben. Am Ende wird die Geschichte sogar etwas wirr, denn als Leser versteht man nur sehr schwer, wo und wann man sich mit den Protagonisten befindet. Trotzdem gibt es bei beiden Geschichten einen sehr schönen Schluss.
Wer sich für dieses Jahr und damit ist 2011 gemeint, vorgenommen hat, in der Adventszeit etwas besinnliches als Lektüre in die Hand zu nehmen, der findet mit Dickens Weihnachtserzählungen einen sehr guten Lesestoff. Weniger geeignet sind die Geschichten zum Vorlesen oder für Kinder. Dafür sind sie einfach zu lang und an vielen Stellen zu kompliziert geschrieben.
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