Neuropunk
Melanie Schneider und Saskia Dreßler (Hrsg.)
Die Phantastik folgt oft altbekannten Pfaden, doch in „Neuropunk“ findet ein Perspektivwechsel statt.
Wo Städte in der Asche versinken, Raumstationen in der Einsamkeit am Funktionieren gehalten werden und Internate bedürfnisorientiert arbeiten – da verstecken sich Geschichten, die sich dem konventionellen Erzählen entgegenstellen.
In neun Geschichten und zwei Gedichten zeigen die Autor*innen die Perspektive neurodivergenter Figuren, um sie Lesenden der Phantastik zugänglich zu machen. Welche Wege finden autistische Figuren? Was machen jene mit ADHS anders? Diese und weitere unsichtbare Behinderungen werden in dieser Anthologie erlebbar und uns von Mitherausgeber*in Saskia Dreßler in einem Essay nähergebracht.

In dieser Anthologie finden sich interessante und herausfordernde Geschichten, die sowohl das Element der Phantastik als auch der Neurodivergenz verbinden. Wie bei jeder Geschichtensammlung sind auch hier unterschiedliche Themen, Perspektiven und beinahe Sub-Genre vertreten. Die Schreibstile sind so variierend wie die Persönlichkeiten hinter den Geschichten.
Als Lesende landen wir in einem Garten und sogar auf einem zerstörten Planeten, fahren zur See und beobachten, wie jemand Pflanzen heilen kann. Tatsächlich verlangen einige Geschichten die volle Aufmerksamkeit der Lesenden, da neue Pronomen und Beschreibungen in die Erzählungen einfließen. Dennoch handeln alle Texte von Bedürfnissen und Erfahrungen, die niemandem von uns fremd sind: Nähe, Freundschaft, Einsamkeit, Angst, Zusammengehörigkeit und Abweisung.
Zudem ist das Buch sehr schön gestaltet. Zu jedem Beteiligten an der Anthologie gibt es ein Seite mit Positive Tags und Content Notes, sogar hier und da ein QR-Code, um sich die Geschichte vorlesen zu lassen. Eine kurze Vita der Autor*innen rundet die Präsentation ab.
Sehr interessant ist das vorangestellte Essay von Saskia Dreßler, das hervorragend in das Thema der Neurodivergenz einführt und den Lesenden die wichtigsten Schwerpunkte aufzeigt.
Fazit: Ein sehr gutes Buch, um sich einen Eindruck zu verschaffen, wie Menschen die Welt wahrnehmen und erleben, wenn sie – in welcher Form auch immer – neurodivergent sind.
Erschienen im Weltenruder Verlag: http://weltenruder.de/
Eigene Meinung
Einige der Geschichten haben mir sehr gut gefallen und mich kurzweilig unterhalten. Andere ließen mich teilweise ratlos zurück, ich habe es nicht geschafft, der Erzählung zu folgen, aber vielleicht war genau das die Absicht der Schreibenden. Ich verlor den Handlungsstrang zwischen Pronomen, Personen, deren Verhalten ich nicht deuten konnte und Verhalten, das mich befremdete. Dies ist natürlich rein subjektives Leseempfinden.
Dennoch war es eine spannende Lesereise, eine interessante Abwechslung zu den Büchern, die ich sonst lese und Erfahrung, was Neurodivergenz angeht.
Ausgesprochen gut gefallen hat mir die Geschichte „Eingeklemmte Flügel“ von Doreen Doose sowie „Ihre Worte“ von Len Klapdor. Die erste Geschichte ist sehr real, die andere Science Fiction, doch die Themen, die diese Geschichte behandeln, betreffen uns alle.
Fazit: Ein interessantes Buch für alle, die einen Perspektivwechsel nicht scheuen und sich gerne auf andere Erzähl- und Betrachtungsweisen einlassen.
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