Warum dick nicht doof macht und Genmais nicht tötet
Bauer, Gigerenzer und Krämer
100 Prozent von fast nichts sind immer noch fast nichts!
Trockenobst ist giftig, Fast Food macht depressiv, Choleragefahr nimmt rasant zu, Polen sind fleißiger als Deutsche: Mit solch dramatischen Meldungen auf höchst fragwürdiger Datenbasis lassen wir uns täglich nur allzu gern aufschrecken. Schluss damit! Der Ökonom Thomas Bauer, der Psychologe Gerd Gigerenzer und der Statistiker Walter Krämer zeigen anhand haarsträubender Beispiele aus dem Reich der Statistik, wie wir Humbug durchschauen, zwischen echter Information und Panikmache unterscheiden und die Welt wieder sehen, wie sie wirklich ist.
In 16 Kapiteln erklären die Autoren auf einfache und anschauliche Weise, wie wir täglich mit Statistiken manipuliert und teilweise auch in die Irre geführt werden. Dabei betrachten sie insbesondere die heiß diskutierten Themen wie Medizin, Armut, Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft, Arbeitslosenstatistiken, Kriminalität, Partnerschaft und Gefahren für Leben und Gesundheit durch Kernkraft und ungesunde Ernährung. Wie viel Unfug dabei getrieben wird und wie wenig Sorgfalt die Medien bei statistischen Zahlen walten lassen, zeigen sie an aktuellen Beispielen, die so durch Fernsehen und andere Medien gegeistert sind bzw. es immer wieder tun.
Neben den ausführlichen, aber leicht verständlichen Erklärungen enthält das Buch viele Diagramme und Schaubilder sowie Tabellen, die die Fallstricke und Fehlinterpretationen aufzeigen. Auch gehen die Verfasser auf die Datenbasis ein: Erklären, warum einige Dinge gar nicht vergleichbar sind und wie es zu vollkommen falschen Annahmen, selbst bei medizinischen Experimenten, kommt. Auch einige Spielertricks erklären sie und dass der Zufall viel häufiger vorkommt, als man denkt.
Zu jedem Kapitel sind ausführliche Quellen und weitere Literatur aufgeführt. Das Buch beginnt mit einem sehr humoristischen, aber interessanten Vorwort und endet mit einem tollen Epilog. Anmerkungen inkl. Weblinks und ein Glossar schließen sich an.
Obwohl das Buch sich wirklich kurzweilig liest und die Erklärungen sehr schön dargestellt sind, muss man sich ein bisschen für Mathematik, Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung interessieren, damit dieses Buch auch wirklich Spaß macht. Trotzdem sind für Nicht-Mathematiker genügend andere Aspekte zur Datenerhebung, Manipulation und wissenschaftlichem Forschen enthalten, so dass es auf jeden Fall lesenswert ist.
Wer übrigens die echten Unstatistiken der Autoren nachlesen möchte, findet weitere Infos unter Unstatistik bei Facebook oder beim RWI
Eigene Meinung
Ein sehr interessantes Buch, das einem endlich wieder ins Bewusstsein ruft, selbst über die Dinge nachzudenken und nicht gleich alles zu glauben, was uns präsentiert wird, sondern Sachverhalte zu hinterfragen.
Erstaunt hat mich, dass Medien sehr lapidar mit Zahlenmaterial umgehen und lieber Schlagzeilen produzieren, die Angst und Hass schüren. Wenn man diesen Bereich des Journalismus betrachtet, kommt man leicht in Versuchung anzunehmen, dass nur die wenigsten Redakteure rechnen können oder aber die Recherche so oberflächlich betrieben wird, dass man einfach keinerlei Meldung mehr glauben schenken darf, die auf Zahlen, Prozenten oder Rankings beruht.
Persönlich hat mich sehr schockiert, wie die Pharmaindustrie, aber auch forschende und praktizierende Ärzte mit Statistiken umgehen. Vielleicht sollte man in Zukunft doch das eine sein lassen und das andere nur mit zweiter Meinung glauben.
Fazit: Tolles Buch! Auch wenn man sich weiter mit dem Thema auseinandersetzen möchte, denn es werden reichlich Informationen mitgeliefert, um angesprochenen Punkte weiter zu verfolgen bzw. auf vertiefende Lektüre und Quellen wird stets verwiesen.
“Statistisch gesehen ist es für uns besser, wir schauen weg, und schon stehen wir in der Polizeistatistik besser da…“
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 “Würden wir so vorgehen wie in der Genmais-Studie, könnten wir ‚beweisen‘, dass auch Bonbonlutschen Krebs erzeugt…“
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