Sofies Welt
Jostein Gaarder
Ein Roman über zwei ungleiche Mädchen und einen geheimnisvollen Briefeschreiber, ein Kriminal- und Abenteuerroman des Denkens, ein gescheites, geistreiches, witziges Buch, ein großes Lesevergnügen – und zu allem eine Geschichte der Philosophie von den Anfängen bis zur Gegenwart.
Sofie staunt nicht schlecht, als sie einen ersten Brief und kurz darauf einen geheimnisvollen Umschlag im Garten findet. Ohne es zu wollen oder sich je angemeldet zu haben, ist sie plötzlich Schülerin eines Philosophiekurses, der von einem unsichtbaren Lehrer geführt wird. Er hinterlässt seine Lektionen entweder im Garten oder Briefkasten. Lediglich seinen Hund Hermes lernt Sofie zu Beginn kennen. Doch das ist noch lange nicht alles. Sie findet nicht nur die Kursunterlagen, sondern auch Postkarten an eine gewisse Hilde, die sie überhaupt nicht kennt und was die Sache noch gruseliger, wenn nicht sogar mysteriöser macht: Sie hat am selben Tag Geburtstag wie Sofie und ist zudem genauso alt wie sie. Kann das alles ein Zufall sein? Und wie soll man sich da auf die Lektionen des Lehrers konzentrieren? Zum Glück lernt sie ihren Lehrer doch persönlich kennen und besucht ihn sogar daheim. Dies gefällt ihrer Mutter gar nicht, denn der Herr ist um einiges älter als Sofie. Selbst Sofie wird es mulmig, als Alberto, so der Name des Lehrers, sie plötzlich auch noch Hilde nennt. Doch die Lektionen über die Philosophen lassen sie über die vielen sehr merkwürdigen Dinge hinwegsehen, bis zu einem schrecklichen Gewitter, das von jetzt auf nachher alles verändert und die Geschichte eine ganz andere Wendung nimmt.
Neben der Geschichte um Sofie und Hilde fasst Jostein Gaarder das Wirken und Denken der wichtigsten und bekanntesten Philosophen zusammen und formuliert sie leicht und sehr verständlich. Doch bevor er mit dem ersten, Demokrit, konkreter wird, erklärt er was Philosophie ist, wie sie entstand, was davor war und wie der Weg der ersten Naturphilosophen ausgesehen hat und welchen Einfluss die Philosophie auf andere Wissenschaften genommen hat und dies immer noch tut. Danach erhält fast jeder Philosoph sein eigenes Kapital oder aber er fasst eine Epoche zusammen, z.B. das Mittelalter. Zum Ende hin geht der Autor auf die heutige Zeit ein, unseren jetzigen Forschungsstand und die Tatsache, warum ausgerechnet jetzt so viele Menschen sich der Esoterik und dem Mystischen zuwenden. Dies alles in einer sehr verständlichen Sprache und anhand schöner Beispiele. Gerade bei den Abschnitten über die Philosophen, die im Buch mit einer anderen Schriftart dargestellt werden, hat sich der Autor unglaublich viele Gedanken gemacht, wie er die Theorien und das Wirken der Philosophen jungen Lesern verständlich machen kann. Dies ist gut gelungen und betrachtet man die Anzahl der angesprochenen Philosophen und den Buchumfang (inkl. Namensregister 610 Seiten), so ist daraus kein Wälzer geworden, sondern eine schöne kompakte Geschichte, mit komprimierten Wissen über die Geschichte der Philosophie.
Dafür sind allerdings seine Charaktere etwas blass. Weder mit Sofie noch mit Hilde bin ich warm geworden. Eigentlich fand ich Sofie an vielen Stellen nur nervig, da zuweilen sehr arrogant und oft mit den gleichen Aussagen. Nach dem dritten „Ich kann mir die Sachen gut merken.“, denkt man als Leser dann schon, dass dem Autor wohl nichts Besseres eingefallen ist, um den Charakter darzustellen.
Dennoch, ein gutes Buch für alle, die sich gerne auf unterhaltsame Weise einen Überblick über die größten Philosophen der westlichen Welt machen möchten.
Eigene Meinung
Zu Beginn hat mir die Geschichte um Sofie und ihren mysteriösen Philosophielehrer überhaupt nicht gefallen, auch nicht die Art, wie die Mutter mit all den Dingen umgegangen ist. Vor allem dann nicht, als die Ereignisse nur noch absurder wurden und man sich als Leser fragte, was das soll. Doch dann kommt ein Wendepunkt in der Geschichte und alles wird plötzlich klarer und deutlicher, die Charaktere allerdings nicht. Mehr möchte ich an dieser Stelle gar nicht verraten, sonst macht das Buch nur halb so viel Spaß.
Ob „Sofies Welt“ nun tatsächlich ein Jugendbuch ist, kann ich so nicht beurteilen. Es ist auf jeden Fall komplexer aufgebaut als „Nichts“ oder „Der geheime Schlüssel zum Universum“. Doch das mag reine Geschmackssache sein. Es ist allerdings ein hervorragendes Buch für alle, die sich das erste Mal mit Philosophie, ihren wichtigsten Persönlichkeiten und gleichzeitig ihrer Geschichte auseinandersetzen wollen. Gaarder hat es wunderbar geschafft, die Neugier auf Philosophen zu wecken und so kann sich der Leser entsprechend den rauspicken, der ihn am meisten begeistern konnte.
In der Geschichte um Sofie und Hilde steckt ebenfalls mehr drin, als man zu Beginn vermutet. Nicht einmal habe ich das Buch zur Seite gelegt und nachgedacht, was im Moment tatsächlich geschieht. Auch hier sei nicht mehr verraten.
Das Buch habe ich gerne gelesen. So richtig begeistern konnte es mich jedoch nicht. Dies liegt aber an meinem persönlichen Lesegeschmack.
Ausgesprochen gut gefallen hat mir dennoch, dass der Autor mehrere Male über die Protagonistin darauf eingeht, dass es so wenige bzw. fast gar keine Frauen gibt, die die Geschichte der Philosophie prägten, auch geht er auf die Sichtweisen der einzelnen Philosophen im Hinblick auf die Frau ein. Hier hat sich Gaarder tolle Gedanken gemacht und es ist schön, dass in diesem Buch gerade eine werdende Frau die Hauptperson ist. Dies mag auch eine Ermutigung an alle jungen Mädchen und Frauen sein, alles in der Welt zu hinterfragen. So zumindest meine Interpretation. Der Titel des Buches ist also in vielerlei Hinsicht nicht zufällig gewählt.
Fazit: Ein gutes Buch für alle, die sich das erste Mal mit Philosophie beschäftigen wollen und auch wirklich ein schönes Geschenk für Jugendliche, die nicht wissen, wie man an dieses so unglaublich breitgefächerte Thema herangehen soll.
“Dass ein ansonsten so kluger Mann wie Aristoteles sich bei der Beziehung der Geschlechter dermaßen irren konnte, ist natürlich überraschend und außerdem bedauerlich…“
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“Aber er glaubte, die absolute Gültigkeit der Naturgesetze beweisen zu können, indem er zeigte, dass wir in Wirklichkeit über Gesetze der menschlichen Erkenntnis reden—
“Kant formulierte sein Moralgesetz als kategorischen Imperativ. Darunter versteht er, dass das Moralgesetz ‚kategorisch‘ ist, das heißt in allen Situationen gilt…“
“Er sagte einmal, es gebe zwei Arten von Wahrheiten, und zwar die oberflächlichen, deren Gegensatz einwandfrei unrichtig sei, aber auch die tiefen, deren Gegensatz genauso richtig sei wie sie selber….“
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