Bist du bereit Lektor bei amazon zu werden?
“Klaus‘ Zahn wackelte, gewaltig, und das schon eine ganze Weile, bis er endlich Montags Morgen die Kauleiste, endgültig verließ—
*FEHLERMELDUNG*
Ab dem 3. Februar erhalten Kunden im US-Store von amazon Warnhinweise auf den Detailseiten von E-Books angezeigt, wenn diese Fehler in der Formatierung oder bei den Inhalten aufweisen. Zeitgleich erhalten die Autoren oder Verlage eine E-Mail mit der Aufforderung, die Fehler zu korrigieren. Geschieht dies, so verschwindet auch die Meldung. Nicht nur Selfpublisher, sondern auch Verlage werden mit dem angedachten System dazu gezwungen, mangelhafte Dateien nachzubessern. So soll die Qualität von E-Books verbessert werden.
Sobald sich das neue „Feature“ in den USA bewährt hat, wird der deutschsprachige Leser mehr oder weniger freiwillig zum Korrektor und/oder Lektor. Über den Kindle werden wir die Fehler direkt melden können (weitere Infos gibt es bei selfpublisherbibel.de).
Eine deutsche Liste der kritischen Fehler gibt es bereits auf der amazon Support – Seite. Ich bin gespannt wie die Punkte im laufenden Betrieb umgesetzt werden und wie sich Autoren und Verlage verhalten. Hier einige Punkte, die mir sofort aufgefallen sind.
Tippfehler
Die Liste der als kritisch eingestuften Fehler beinhaltet sowas wie „Zahlen anstelle von Buchstaben“ und umgekehrt. Andere Punkte der Liste machen ebenfalls Sinn, bis auf diesen hier:
- Fehlende Zeichensetzung
What? – Mein ganz persönliches Horrorszenario: Ich stelle mir gerade vor wie ca. 100 Leser, die alle mit hoher Wahrscheinlichkeit Deutschlehrer einer gymnasialen Oberstufe sind, andauernd Fehlermeldungen an amazon senden, weil jeder einzelne der Meinung ist, dass in einem Schachtelsatz, des ihnen vorliegenden Romans, die angewandte Interpunktion nicht korrekt ist, wobei sie in ihren zahlreichen Meinungen nicht miteinander übereinstimmen.
Was macht dann amazon? Schicken die bei jeder neuen Option dem Autor eine E-Mail mit der Bitte um Korrektur, bis alle Optionen durchgespielt sind? Muss der Autor irgendwann den Satz umschreiben, bis die MEHRHEIT der Leser zufrieden ist? Und wer überprüft überhaupt, ob die Leser mit ihrer Korrekturbitte richtig liegen? Ersaufen Verlage und Autoren also bald in falschen, optionalen und berechtigten Fehlerkorrekturen?
Formatierung
Hier führt amazon als kritische Fehler unter anderem Folgendes auf:
- Erzwungene Ausrichtung des Textkörpers
- Seitenzahlen
Allein die Tatsache, dass amazon diese Punkte als Fehler auflistet, beweist, dass sich viele vor dem Veröffentlichen überhaupt nicht mit E-Readern und mit dem, was sie da tun, auseinander gesetzt haben. Der Kindle-Leser kann die Schriftgröße und die Schriftart auf seinem Gerät individuell einstellen, somit sind Roman- bzw. Buchseiten gar nicht existent, wie man sie bei einem gedruckten Buch kennt. Dies macht die Darstellung von Gedichten bei einem E-Book zu einer Herausforderung. Hier spreche ich aus eigener Erfahrung. Ähnliches gilt für Seitenränder und damit die Ausrichtung des Textkörpers, diese wird von dem Gerät vorgegeben.
Verwundert hat mich in dieser Rubrik ein Punkt:
- Textkörper, die als fett, kursiv, unterstrichen oder als Link-Text wiedergegeben werden.
Ich verstehe an dieser Stelle (abgesehen vom Link-Text) nicht, wann Leser hier einen Fehler melden sollten, außer das gesamte Buch ist in fett oder kursiv bzw. unterstrichen gehalten. Besonders bei Belletristik können kursive Passagen besondere Textstellen hervorheben. Hier bin ich gespannt wie es gehandhabt wird.
Inhalte, die nicht für das Lesen auf einem Kindle geeignet sind – der Lacher
Kritische Fehler verursachen laut amazon unter anderem folgende E-Books:
- Puzzle-Bücher
- Leeres Notizbuch
- Musterbuch
- Malbuch
Ich kann nicht mehr aufhören zu lachen. Vielleicht haben die Mitarbeiter von amazon auch einen angenehmen Sinn für Humor, alles andere wäre sonst sehr traurig.
Die Fehlerliste beinhaltet weitere Punkte zu fehlenden Textabschnitten, falschen Umbrüchen, duplizierten Inhalten, schlecht bearbeiteten Covern und vielem mehr. Sicherlich wird das die Qualität der E-Books deutlich verbessern, was insbesondere für die Leser von Vorteil ist.
Doch sehe ich auch Schwierigkeiten, die sich für Autor/Verlag und amazon ergeben könnten. So kann man mit solch einem Fehlermeldungssystem einem Autor das Leben zur Hölle machen, wenn man ihn vorsätzlich schaden will. Hier stellt sich für mich die Frage, wie amazon eben bereits erwähnte falsche Fehlermeldungen in den Griff bekommen möchte. Bereits heute existiert ein solches Problem mit Negativbewertungen. Hier muss amazon löschen und korrigieren.
Zudem werden sich sicherlich auch einige Selfpublisher denken, dass gerade diese von Lesern gemeldeten Fehler durchaus ein Lektorat ersetzen und somit Geld sparen möchten. Dieses ist mit nicht unerheblichen Kosten verbunden, besonders bei längeren Texten. Die Gratis-Korrektur von amazon werden einige eher in Anspruch nehmen, als eine professionelle Dienstleistung.
Was denkt Ihr über den neuen Ansatz von amazon? Gute Idee oder eher nicht?
Schreibe einen Kommentar