how to be a woman
Caitlin Moran
Es ist verdammt schwer, eine Frau zu sein. Als Teenager kämpft Caitlin Moran mit unförmigen Damenbinden und schlechten Pornos, als Erwachsene scheitert sie grandios am Ideal der modernen Frau. Die hat Kind und Karriere, ist schön, schlank und komplett epiliert. Blödsinn, meint Caitlin Moran. Wir Frauen dürfen fett, faul und behaart sein, Hauptsache, wir haben Spaß, einen tragfähigen BH und die gleichen Rechte wie Männer. Alles, was ein Mann tun kann, darf eine Frau auch. Und gerne mit den Männern zusammen – denn Feminismus ohne Männer ist todlangweilig.
Das Frausein beginnt wohl mit der ersten Periode. So zumindest schildert es Caitlin Moran in ihrem Sachbuch zum modernen Feminismus. Dabei lässt sie eigentlich nichts aus, womit sich ein junges Mädchen bzw. eine junge Frau zwangsläufig beschäftigen muss. Sei es der erste BH, die Figur, Sexualität und das erste Mal. Sie schildert oft die eigenen Erfahrungen, wenn es um den ersten Job und die Erlebnisse mit Kollegen geht. Sexismus trifft sie nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch im Privatleben und jede Frau kann bei den meisten Kapiteln zustimmend nicken. So beschreibt und begründet sie sehr genau, warum sie eine Feministin ist und warum dieser Begriff mittlerweile durchaus negativ belegt ist. Auch lässt sie noch heute gern verschwiegene Themen wie Abtreibung und die bewusste Entscheidung gegen Kinder nicht aus. Kritisiert Medien und deren Darstellung von Frauen in der heutigen Zeit und zeigt am Beispiel von Katie Price und Lady Gaga wie Vorbilder geschaffen und zerstört werden.
Dennoch hat das Buch auch seine Schwächen. An einigen Stellen verallgemeinert Moran sehr stark und nimmt hauptsächlich Bezug auf ihre eigenen Erlebnisse, die nicht zwingend auf alle Frauen zutreffen mögen. Zudem muss man den englischen Humor mögen, um die geschilderten Situationen immer amüsant zu finden. Tatsächlich bedient sich die Autorin vieler Klischees. Hier wird deutlich, dass dieses Buch definitiv für das englische Publikum geschrieben wurde und eine bestimmte Leserschaft ansprechen soll, nämlich die Frauen der britischen Mittelschicht zwischen 20 und 40 Jahren, die versuchen Familie und Job in Einklang zu bringen und gerne in Mode- und Musikmagazinen lesen. Anders sind manche Passagen nicht zu erklären und für deutsche Leserinnen nicht unbedingt nachvollziehbar.
Nichtsdestotrotz spricht Moran wichtige Themen an, versucht aufzuzeigen, wie Frauen in der heutigen Zeit sich immer noch manipulieren lassen und gewisse gesellschaftliche Zwänge akzeptieren ohne sie zu hinterfragen. Sei es nun das Tragen von Pumps oder die Interviewfrage „Wann willst Du Kinder bekommen/haben?“
Zugute halten muss man der Autorin auch, dass sie in keinem der 16 Kapitel eine Schimpftriade auf Männer verfasst hat, obwohl sie das Wort Patriarchat gerne verwendet. Das macht sie glaubwürdig. Sie zeigt deutlich, dass Männer nicht unbedingt daran schuld sind, dass die Dinge bezüglich der Gleichberechtigung so sind wie sie heute sind. Viele Ungerechtigkeiten schaffen die Frauen selbst. Ein guter Ansatz und ihr Appell an die Frauen so zu sein wie man sein möchte, ist ebenfalls zu beherzigen.
Insgesamt liest sich das Buch recht angenehm und auch vermeidet es Moran mit erhobenem Zeigefinger zu predigen, was Frauen tun und lassen sollten. Aktuell sind die Themen, die sie aufgreift allemal, auch wenn teilweise nur oberflächlich behandelt, dafür breit gefächert.
Eigene Meinung
Über dieses Buch bin ich sehr zwiegespalten. Mehr als einmal habe ich es wütend zur Seite gelegt. Als Beispiel sei das Kapitel zum Thema Hochzeit genannt. Moran beschreibt darin, wie beschissen ihre eigene abgelaufen ist und wir Frauen uns deswegen keinen Stress machen sollten, der Hochzeitstag und alles drum herum sei nicht wichtig und überhaupt vollkommen überbewertet. Gut, das ist ihre eigene Meinung. Ich kann hier nur meine eigenen Erlebnisse und die Hochzeiten auf denen ich war Revue passieren lassen. Die Mehrzahl ist positiv, romantisch und schön verlaufen. Ich glaube, dass sich viele von uns gerne an diesen Tag zurückerinnern.
Dann habe ich mich sehr über das Kapitel „Warum Frauen Kinder bekommen sollten“ aufgeregt, allerdings nur so lange, bis ich das darauffolgende „Warum Frauen keine Kinder bekommen sollten“ gelesen hatte. Danach konnte ich Moran in allen Punkten zustimmen und es hat mich mit der Autorin versöhnt.
Einige Stellen jedoch finde ich zu oberflächlich und kurzsichtig betrachtet. So schreibt die Autorin in Kapitel 7 „Ich bekomme Sexismus zu spüren!“ Folgendes:
„Auch wenn radikalfeministische Historikerinnen bis zum Umfallen über Amazonen, Matriarchate und Kleopatra dozieren, können sie damit letztlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Frauen in den vergangenen 100.000 Jahren kaum etwas zustande gebracht haben.“
Wie bitte? Und das ausgerechnet von einer Britin, die eine Queen als Staatsoberhaupt hat und zudem auf „Bloody Mary“ und Elisabeth I. zurückblicken kann. Was ist eigentlich mit Hildegard von Bingen, Katharina der Großen, Marie Curie, um weitere Namen zu nennen? Dann noch die bekannten Johannas – das muss an der Stelle wohl sein.
„Es wurde inzwischen so oft in den allerabstrusesten Zusammenhängen verwendet, dass man – sofern man die Hauptanliegen des Feminismus nicht kennt und zwangsläufig versuchen muss, aus einem Gespräch darüber die entsprechenden Rückschlüsse zu ziehen – meinen könnte Feminismus sei eine ungute Mischung aus Männerhass, Übellaunigkeit und Heuchelei. Das Ganze auch noch in Kombination mit hässlichen Klamotten, penetranter Feindseligkeit und, seien wir doch mal ehrlich, der völligen Abwesenheit von Sex und Erotik.“
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Wer mehr über die britische Journalistin erfahren will, besucht am besten ihre Website.
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Und dann stellte sich mir die Frage: Bin ich eine Feministin?
Caitlin Moran stellt in ihrem Buch die These auf, dass jede Frau eine Feministin ist. So falsch liegt sie damit nicht. Bin ich also auch eine? Denn schließlich kann ich nicht leugnen eine Frau zu sein. Es gibt ein paar Punkte, die sie in diesem Buch anspricht, die mich zum Nachdenken gebracht haben und ich kann für mich selbst sagen, dass ich bezüglich bestimmter Themen aus tiefstem Herzen Feministin bin. Hier einige Beispiele.
Religionen allgemein
Mir ist keine Weltreligion bekannt, die von einer Frau begründet wurde. Zudem gibt es keine oberste Kirchenführerin. Es gibt den Papst und den Dalai Lama und andere oberste Religionsführer. Warum steht eigentlich keine Frau an der Spitze? Auch in den älteren Religionen, sei es nun die nordische oder ägyptische Kultur, sind meistens Männer die Führer, auch wenn seltsamerweise in den alten Kulturen Frauen manchmal besser gestellt waren bzw. wurden als sie es heute sind. Wir haben eine Rückentwicklung erfahren. Wie ist das passiert?
Religion – christlich
Bis heute ist es mir ein Rätsel, warum ausgerechnet Männer darüber bestimmen, wie und wann zu verhüten ist und warum sie sich ein Urteil darüber erlauben, ob eine Frau abtreiben lassen darf oder nicht. Zudem ist das Zölibat etwas ausgesprochen Absurdes. Dies gilt für Männer wie für Frauen. Warum gibt es zwar Heilige, aber keine Frauen als Priester und Propheten?
Religion – islamisch, muslimisch
Jedes Mal, wenn mir eine Frau muslimischen Glaubens erzählt, sie verschleiere sich, weil das ihre Religion verlangt und sie damit den Respekt gezollt bekommt, der ihr zusteht und sie es gerne tut, denke ich: Was für ein Bullshit! – Eine Religion, die von Männern geschaffen wurde – wie die jüdische und christliche auch -, verbietet es ihr, sich als Frau zu zeigen, weil sie sonst von Männern nicht als Frau, sondern Sexobjekt angesehen wird. Jetzt mal im Ernst: Das glaubt ihr doch nicht wirklich, das das richtig sein soll. Oder?
Religion jüdisch
Auch hier fasse ich mir jedes Mal an den Kopf, wenn es heißt, dass der Mann für das Denken und Studieren geboren ist und die Frau für die Arbeit. Sie ist Eigentum des Mannes. Was für ein Bullshit!
Religion – Frauen sind der Frauen größter Feind
Jetzt kommt ein Thema, das mir am Herzen liegt und das ich, egal wie lange ich darüber nachdenke, nicht begreifen kann. Noch heute werden junge Mädchen in Afrika aufs schlimmste verstümmelt. Sie werden von anderen Frauen an den äußeren Genitalien brutal beschnitten und zwischen den Beinen zugenäht, bis zur Hochzeitsnacht. Noch nicht mal Vieh wird so grausam behandelt. DAS tun nicht Männer Frauen an. Nein, es sind Frauen, die sich das gegenseitig antun. Solange das passiert, sind Männer ein kleines Problem.
Dies passiert nicht nur auf dem afrikanischen Kontinent. Selbst Mädchen, die hier als Migranten in Deutschland sind, entkommen diesem brutalen Ritual nicht. Die Beschneiderinnen werden für viel Geld eingeflogen und verrichten hier ihr blutiges Handwerk. Allein um diese Grausamkeit zu stoppen, lohnt es sich für mich Feministin zu sein.
Gesellschaft – Aussehen, Neid und Stutenbissigkeit
Wird den Männern oft Sexismus vorgeworfen, dann braucht man sich nur anzuschauen, wie grausam Frauen gegen Frauen sind. Hier wird gelästert und gemobbt. Von der Figur, über Hintern und Brüste, falsche Klamottengröße, Schuhe bis hin zu Haut und Haaren. Wenn Frauen etwas gegen Frauen haben, dann sind sie nicht sexistisch, sie sind grausam. Und sie sind grausamer als Männer, denn sie wissen genau, wo sie zuschlagen müssen, damit eine andere Frau weder ein noch aus weiß. Sie sind neidgetrieben und hämisch. Ist eine hübscher als die anderen, dann ist sie automatisch dumm oder fickt sich hoch. Ist eine hässlicher, ist sie automatisch dumm (interessant, nicht wahr?) und sowieso untervögelt und/oder faul. Da braucht es kaum mehr eines Kommentars von Männern. Da zerfleischen wir Frauen uns schon selbst.
Wirtschaft und Politik
Frauen, die gegen eine Frauenquote sind. Warum eigentlich? Da schaffen Regierungen endlich Regularien, um Frauen per Gesetz eine Chance zu geben und es finden sich Frauen in Politik und Wirtschaft, die sich dagegen aussprechen. Kann mir das bitte jemand erklären? Ich verstehe es nicht. Denn das Argument, es gäbe diese Frauen für die besagten Positionen nicht, ist bereits ein Punkt, bei dem sich Frauen ohne Zutun der Männer ins eigene Fleisch schneiden.
Genug! An dieser Stelle könnte ich noch unzählige Beispiele aufführen, aber eigentlich möchte ich mit diesem Buch das letzte Häkchen für die Reading-Challenge 2015 setzen und ich setze es gerne.
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