Kriegsklingen
Joe Abercrombie
Dies ist die atemberaubende Geschichte von Logen, dem Barbarenkrieger, der eigentlich nur seine Ruhe haben will – wenn er nicht ständig um sein Leben kämpfen müsste. Und die Geschichte vom Großinquisitor Glokta, der eigentlich durch nicht zu erschüttern ist – bis er auf eine lebende Legende trifft, die in seiner Stadt eine magische Intrige spinnt, eine Intrige, die die Grundfesten des ganzen Reichs zu erschüttern droht.
Logen, der den Beinamen „Blutiger Neuner“ bzw. Neunfinger trägt, wird in einem Kampf von seiner Truppe getrennt. Er muss davon ausgehen, dass alle getötet wurden und so flieht er aus dem Norden und begegnet einem Jüngling, der ausgesandt wurde, ihn zu suchen. Er ist der Lehrling des großen Magiers Bayaz. In dessen Festung angelangt, muss Logen feststellen, dass er und der alte Mann – der mehr von einem Schmied, als von einem Gelehrten hat, – einen gemeinsamen Feind haben. Bethod, der sich nun als König des Nordens bezeichnet. Bayaz bietet Logen die Möglichkeit der Rache an, indem er mit ihm in den Süden zieht, nach Adua, der Hauptstadt der Union.
Währenddessen bereitet sich alles in der südlichen Hauptstadt auf das große Fechtturnier vor. Darunter auch der junge Hauptmann Jezal Luthar, der eigentlich viel lieber spielt und trinkt, als mit Fechteisen zu trainieren. Doch seinem Vater zuliebe tritt er bei dem Turnier an, unterstützt von seinem Freund Major West, der das Turnier bereits einmal gewonnen hatte und dennoch nicht zur gleichen Riege gehört wie Luthar, denn er ist von Geburt aus niederen Haus. Dafür taucht Wests jüngere Schwester auf und schon bald denkt der hübsche Hauptmann nicht nur an das Fechtturnier. Zeitgleich treffen hinter dicken Türen und in tiefen Kellern andere Personen Vorbereitungen für den Machterhalt in der Stadt und der Union. Zu ihnen gehört Inquisitor Glokta, ebenfalls ein ehemaliger Gewinner des Fechtturniers, aber durch Krieg und Folter gezeichnet und ein Krüppel. Vielleicht gerade deshalb ist er der beste Spitzel und Verhörmeister des Erzlektors, der selbst einen Sitz im geschlossenen Rat bekleidet. Kaum verwunderlich also, dass ausgerechnet Glokta auf Bayaz und Logen angesetzt wird, als der erste der Magi mit dem Nordmann in der Stadt auftauchen und Bayaz seinen Sitz im geschlossenen Rat einfordert, der zwar wohl freigehalten wird, aber längst aus Tradition und nicht aus Überzeugung, den Magier jemals in der Hauptstadt und im Rat aufzunehmen. So ist die Skepsis groß, als der alte Mann plötzlich auftaucht und behauptet der große Magus zu sein. Der Erzlektor sieht sich einem Betrüger gegenüber. Glotka soll ihn entlarven. Die leicht scheinende Aufgabe wird für den Inquisitor zu einem unangenehmen Auftrag und viel zu spät bemerkt er, dass sich der Erzlektor wahrscheinlich mit seinem Verdacht irrt.
Obwohl West seine Schwester vor Jezal gewarnt hat, trifft sie sich mit dem gutaussehenden Freund des Bruders, wohlwissend, dass er sie aufgrund ihrer Herkunft nicht wird heiraten können. Als Bethod der Union den Krieg erklärt, wird West – selbst aus dem Norden stammend und kriegserfahren – in den Stab berufen, auch Jezal soll in den Krieg. Doch in letzter Sekunde und gegen seinen Willen landet er an der Seite des Magiers und des Barbaren. Und auch für Sand dan Glokta kommt der neue Auftrag des Erzlektors mehr als überraschend. Plötzlich haben alle das gleiche Ziel, ohne es zu wissen.
Auf knapp 800 Seiten erzählt Joe Abercrombie eine Geschichte, die eigentlich Vorgeschichte zur tatsächlichen Story im klassischen Sinne ist. Das erste Buch der Trilogie, zu der „Kriegsklingen“ gehört, ist eher ein „Wie alles begann“ (Feuerklingen bildet den 2. Teil, Königsklingen den 3.). Dabei nimmt sich Abercrombie viel Zeit, um die Charaktere vorzustellen und dem Leser die Welt zu zeigen, in der die Erzählung spielt, mit ihrer Politik, den Gesellschaftsstrukturen und Vergangenheit. Der klassischen Fantasy folgend baut er eine Gruppe von Abenteurern auf: ein Magier, ein Krieger, ein Wegkundiger und zwei weitere Personen, die nicht einfach einzuordnen sind. Enden tut dieser lange Band mit einem Cliffhanger, der zum Weiterlesen einlädt. Denn das Buch endet mit der Abreise der wichtigsten Charaktere aus der Hauptstadt Adua.
Auffallend sind bei Abercrombie die beschriebenen Kampf- und Verfolgungsszenen. Er schildert beide ausgesprochen detailliert und präzise. Selbst wo ein Pfeil einen Gegner trifft oder wer bei Kampf oder Flucht wo hintritt. Zudem schreibt er durchaus brutal, was besonders bei den Folterszenen mit Inquisitor Glokta sehr passend ist. Auch verwendet er für die entsprechenden Figuren, die passende Wortwahl, selbst wenn er sie denken lässt. Gleiches gilt für den Humor, der teilweise sehr schwarz ist.
Kriegsklingen liest sich angenehm und obwohl hier gleich mehrere Handlungsstränge unabhängig voneinander beginnen, um erst am Ende des Buches mehr oder weniger zusammenzulaufen, verliert man nicht den Überblick. Außerdem schafft es Abercrombie den Leser bei der Stange zu halten, obwohl eine lange Zeit nicht wirklich etwas passiert, was man als Höhepunkt der Erzählung bezeichnen könnte, abgesehen von dem Fechtturnier.
Dennoch ist dieser erste Teil an einigen Stellen langatmig. Es gibt Kapitel, die man dem Leser hätte ersparen können, da sie für die tatsächliche Handlung gar nichts bringen. Hier wollte der Autor wohl noch ein paar Lacher platzieren. Auch tauchen Figuren beiläufig auf, die dann wieder unwichtig sind und man sich fragt, was das eigentlich alles sollte. Dies kann allerdings für die kommenden beiden Bände wichtig sein. Die Frage ist nur, ob man sich dann als Leser noch erinnert.
Eigene Meinung
Bei diesem Buch habe ich mich an vielen Stellen gefragt, ob ich tatsächlich Fantasy lese oder nicht eher einen historischen Thriller bzw. Krimi. Denn was den Fantasy-Anteil in diesem Wälzer angeht, so ist er sehr gering. Abgesehen von dem Magus Bayaz gibt es kaum klassische Elemente der Fantasy. Erst im letzten Drittel passiert mehr in diese Richtung.
Wie schon erwähnt, tauchen in dem Buch Charaktere auf, die ich überhaupt nicht einordnen konnte, wie den Zauberlehrling Quai, der Bayaz und Logen zwar begleitet, aber eigentlich nur als kränklicher Jüngling und schmückendes Beiwerk auftaucht. Dem entgegen stehen ausgearbeitete Figuren wie z.B, der Inquisitor Glokta. Hier hat Abercrombie eine Figur geschaffen, die unglaublich interessant wie komisch ist und sie hat mir fast bis zum Ende des Buches gefallen und dann hat der Autor etwas gemacht, bei dem ich das Buch sogar wütend weglegen musste.
Völlig neue Aspekte bringt Abercrombie auch bei dem Magus. Hier spielt er mit ganz neuen Charakterzügen für solch eine Figur. Das ist erfrischend. Ob es den meisten eingefleischten Fantasy-Fans gefällt, sei dahingestellt. Doch dies zeichnet den Autor schon etwas aus und macht ihn lesenswert. Bei ihm sind die Figuren nicht aalglatt.
Empfehlen kann ich das Buch denjenigen, die einen soliden Aufbau bei Erzählungen mögen und sich im Genre Fantasy auch auf neue Ideen einlassen. Wer ein überzeugter Anhänger Tolkiens ist, wird wahrscheinlich mit Abercrombie nicht so viel Spaß haben, Fans von George R.R. Martin hingegen werden eher Gefallen an Kriegsklingen finden.
Mehr über den Autor: http://www.joeabercrombie.com/books/ – Originaltitel „The Blade itself“. Irgendwie sind die Cover im Original besser. Hier könnte Heyne sich echt etwas mehr Mühe geben. Mittlerweile sind weitere Romane erschienen, die in der Welt von Logen, Glotka und Bayaz spielen.
Zudem kann ich mit diesem Buch einen weiteren Haken für die Challenge 2015 setzen. Diesmal bei einem Buch mit dem nur einem Wort als Titel. Ist mir zuerst gar nicht aufgefallen.
„Magie an sich ist wild und gefährlich, denn sie kommt von der Anderen Seite, und sich der Dinge aus der unterirdischen Welt zu bedienen, ist ein großes Wagnis.“
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“Rache ist manchmal ein gutes Gefühl, aber reiner Luxus.“
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„Er rieb Daumen und Zeigefinger aneinander, während er nach dem richtigen Wort suchte: „Nach Geheimnis! Nach Abenteuer!“ Für Logen roch es zunächst einmal nach Scheiße.“
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