Die Rosenbaum-Doktrin

Wolfgang Herrndorf

Dieser Text präsentiert sich als ein ungemein komisches Interview, das der Erzähler in einem Berliner Altersheim mit dem – mutmaßlich fiktiven – Kosmonauten Friedrich Jaschke führt. Der greise Weltraumpionier, der selbst nie im All gewesen ist, berichtet dabei von der titelgebenden Rosenbaum-Doktrin, welche den Umgang mit ganz besonderen Situationen im Weltall regelt …


Herrndorf führt im Zimmer des Altenheims ein Interview mit dem Kosmonauten Jaschke, der beinahe ins All geflogen wäre und entlockt dem alten Herrn so manches Geheimnis, das die Russen bis heute gut hüten. So erzählt Jaschke, wie die Tests abgelaufen sind, die er bestehen musste und was die Russen alles anders gemacht haben als die Amis. So musste man bei den Russen in erster Linie mit Lötkolben und Rohrzange umgehen können, mit dem Rechenschieber klarkommen und bloß nicht an Gott glauben. Überhaupt sind die meisten Tatsachen, die uns über die Raumfahrt bekannt sind ein großes abgekartetes Spiel der zwei Weltmächte. Nur schade, dass das Interview so prompt vom Mittagessen unterbrochen wird.

In dieser kurzen humoristischen Geschichte, die vollständig als Interview geschrieben ist, greift Herrndorf alle Mythen auf, die sich um die Raumfahrt ranken, nimmt Verschwörungstheorien aufs Korn und lässt seinen Gesprächspartner die Wurzel aus einer achtstelligen Zahl ziehen und zwar durch reines Kopfrechnen, obwohl man bei den Russen mit dem Rechenschieber gearbeitet hat. Auch Gagarin kriegt sein Fett weg und Chruschtschow, der laut Jaschke sehr abergläubisch war. In dieser Kurzgeschichte greift Herrndorf viele Themen auf, darunter den großen Traum der Menschheit ins Weltall reisen zu können, den Wettlauf zwischen Russland und USA um die Vorherrschaft im All und den Glauben an Gott. Ziemlich viel für wenig Text, aber es funktioniert.


Eigene Meinung

So kurz diese Geschichte ist, so knapp auch die eigene Meinung. Eine kleine amüsante Erzählung für zwischendurch. Bei eine längeren S-Bahnfahrt hat man sie durchgelesen und es lohnt sich, denn sie funktioniert und unterhält. Nicht nur für Herrndorf-Fans, aber auf jeden Fall etwas für den E-Reader.

Zu schade, dass Herrndorf so früh gegangen ist. Ich denke, er hätte noch viele wunderbare Geschichten geschrieben.


„..Es gibt ja diesen berühmten Dialog, der mit Gagarin nach seiner Landung geführt wurde, Sie kennen das. Da steigt Gagarin aus der Kapsel und sie fragen ihn, ob er bei seinem Weltraumspaziergang irgendetwas gesehen hat, also praktisch Gott. Und Gagarin antwortet, nein, da oben ist nichts. Dieser Dialog war natürlich abgesprochen—

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