BLACKOUT
Marc Elsberg
An einem kalten Februartag brechen in Europa alle Stromnetze zusammen. Der totale Blackout. Der italienische Informatiker Piero Manzano vermutet einen Hackerangriff und versucht, die Behörden zu warnen – erfolglos. Als Europol-Kommissar Bollard im endlich zuhört, tauchen in Manzanos Computer dubiose E-Mails auf, die den Verdacht auf ihn selbst lenken. Er ist ins Visier eines Gegners geraten, der ebenso raffiniert wie gnadenlos ist. Unterdessen liegt ganz Europa im Dunkeln, und der Kampf ums Überleben beginnt…
Piero Manzano weiß gar nicht wie im geschieht, als er sich im totalen Chaos einer Großstadt wiederfindet, als plötzlich der Strom ausfällt. Bereits nach wenigen Augenblicken bricht der Verkehr wegen unzähliger Unfälle zusammen und sein eigenes Auto ist ein Totalschaden. Er selbst kommt mit einer kleinen Kopfwunde davon. Kaum zu Hause angekommen, sucht er im Internet Erklärungen für den bereits länger andauernden Blackout. Aus purer Neugier betrachtet er seinen elektronischen Stromzähler etwas näher und vergleicht in mit dem alten Modell seines Nachbarn Bondoni und siehe da: mit ein paar kleinen Hacks haben er und sein Gegenüber wieder Strom. Recht schnell ist sich Manzano sicher, dass die Zähler manipuliert wurden. Doch will ihm weder jemand bei den zuständigen Ämtern und Firmen glauben, noch kann er sich lange in der Stadt versorgen. Erst sein Nachbar Bondoni bringt ihn auf die Idee, dass seine Tochter ihnen in der Sache weiterhelfen könnte. Sie sollte mit ihren Freundinnen zum Skifahren, falls sie denn überhaupt dort angekommen ist, wo sie hinwollte. Denn mit wachsender Unruhe stellen die Männer fest, dass der Strom nicht nur in Italien, sondern auch in ganz Europa ausgefallen ist. Ohne zu zögern und mit den Benzinreserven des älteren Herren machen sie sich auf den Weg in die Alpen nach Ischgl. Währenddessen kämpft sich Bondonis Tochter mit ihren Freundinnen bis zum Urlaubsort durch und tatsächlich können sie sich in den Bergen treffen. Wie von Bondoni vermutet, kann Sonja Angström, eine der Freundinnen, den Kontakt zur Europol herstellen und Manzano einen Ansprechpartner vermitteln. Der zuständige Europol-Verantwortliche Bollard traut weder Manzano noch seiner Theorie über den Hack der Stromzähler in Italien und Schweden, allerdings ist das die erste und einzige Spur, die es gibt. Schon bald stellt Manzano fest, dass er sich auf eine Sache eingelassen hat, bei der ihn nicht nur seine Vergangenheit einholt, sondern er ums Überleben kämpfen muss. Dabei wird er von der Kamerafrau Shannon begleitet, die sich an seine Versen geheftet hat. Sie ist auf der Suche nach der einen Story, die sie berühmt machen soll. Aber auch sie hat keine Ahnung, was sie im Europa ohne Stromversorgung erwartet.
Elsberg hat seinen, in der heutigen Zeit spielenden, Thriller nicht in Kapitel unterteilt, sondern in Tage des Blackouts. Zudem wechselt er von einem Ort zum anderen und erzählt somit die unterschiedlichen Handlungsstränge und Ereignisse, die oft zeitgleich stattfinden. Den Haag, Brüssel, Berlin, Ratingen, Paris und andere Schauplätze versinken im Chaos oder werden Schauplatz von Ermittlungen. Dabei schildert Elsberg Stück für Stück wie die Ordnung in der Stadt und auf dem Land zusammenbricht. Schließlich funktioniert fast alles mit Strom. Seien es die Pumpen der Tankstellen, die Geldautomaten oder die Melkmaschinen auf den großen Bauernhöfen. Die meisten Institutionen haben zudem eines gemeinsam: sie sind miteinander vernetzt und überall verlässt man sich nur zu gerne auf die Software und IT. Die Kommunikation über Internet und Mobilfunk sind eine Selbstverständlichkeit und die erstbeste Stelle für Spionage und Manipulation. Hinzukommen die Kraftwerke, die nicht ohne weiteres wieder hochgefahren werden können und welche Gefahr bergen eigentlich die Atomkraftwerke, die Strom benötigen, wenn sie heruntergefahren werden?
Es erstaunt also nicht, dass dieser Roman über 700 Seiten fasst auch wenn Elsberg nur 13 Tage des Blackouts beschreibt, denn neben den vielen Schauplätzen, beleuchtet Elsberg auch die Regierungen und politischen Aspekte solch einer Katastrophe. Zudem ist dieser Thriller sehr weit angelegt. Elsberg versucht aufzuzeigen, wie die Zusammenhänge sind und entstehen, denn auch die Wirtschaft und an der Katastrophe beteiligte Unternehmen aus der Energiebranche bindet er in die Handlung mit ein. Bei dieser Fülle an Ereignissen, kann man sich vorstellen, dass da mal eine Szene nur sehr kurz geschildert wird und sicherlich haben die Hauptcharaktere hin und wieder sehr viel Glück, aber das gehört auch im normalen Leben dazu.
Eigene Meinung
Eins muss man Elsberg lassen: Dieser Roman ist hervorragend recherchiert. Zudem bewegt er sich sehr nahe an der Realität, so dass ich mich mehr als einmal gruseln musste und doch recht froh war, dass abends das Licht im Zimmer brannte.
Mit diesem Roman liefert der Autor ein Szenario ab, das gar nicht so fiktiv ist, sondern sich in ähnlicher Form ereignen könnte. Elsberg zeigt in seinen Schilderungen deutlich, wie selbstverständlich wir unseren Alltag nehmen. Kaum stellt man den Strom ab, geht gar nichts mehr. Zudem zeigt er wie angreifbar die Systeme durch Vernetzung, Globalisierung und Vertrauen in die Technik sind.
Sehr sympathisch ist sein Protagonist. Manzano ist kein Superheld, aber in gewisser Weise ein Idealist. Dennoch springt er über seinen Schatten. Dies müssen aber auch Bollard und Hartlandt, die beiden Hauptermittler in diesem Roman tun. Ein bisschen seltsam fand ich lediglich die Figur der Shannon, die Manzano eine ganze Weile begleitet und unterstützt, auch wenn sie in der Handlung und am Ende ein absolut schlüssiger und überzeugender Charakter ist. Allerdings hatte ich hier den Eindruck, dass noch ein kleiner zwischenmenschlicher Konflikt eingebaut worden ist, der absolut nicht nötig war, denn die anderen Probleme und Geschehnisse waren mehr als genug. So hätte hier schon mehr zwischen Manzano und Shannon passieren müssen, damit ich von dieser Figur überzeugt gewesen wäre.
Gut, dies soll aber die Gesamthandlung nicht schlecht machen. Denn Elsberg liefert hier sehr gute Unterhaltung ab. Zudem liest sich der Roman angenehm und spannend. Elsberg verstrickt sich weder in Fachchinesisch noch schafft er die Atmosphäre der absoluten Apokalypse. Vielleicht ist es genau diese Mischung, die diesen Roman so unglaublich gruselig und realistisch macht.
Fazit: Auch für Nicht-Thriller-Leser eine zeitgenössische Empfehlung.
„Umweltschützer gerieten in einen Zwiespalt. Jahrzehntelang hatten sie für den Ausbau alternativer Energiequellen gefochten, um nun feststellen zu müssen, dass Windräder, Hochspannungstrassen und Speicherbecken das ganze Land verunstalten würden.“
„Wer das implementiert hat, spekuliert auf die kritischste Schwachstelle des Systems— – “den Menschen—“
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Ein weiteres Häkchen bei der Reading-Challenge 2015 bringt mir dieses Buch ein. Denn mit über 700 Seiten, kann ich den Haken bei „a book with more than 500 pages“ getrost setzen.
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