Rollende Steine
Terry Pratchett
Gevatter Tod kriegt die Midlife-Krise. Und als er spurlos verschwindet, muss seine Enkelin Susanne das Geschäft übernehmen. Da bekommt sie es mit einem merkwürdigen Phänomen zu tun: Es geht um eine neue Musik, die ein Barde, ein Zwerg und ein Troll erfunden haben. Die magischen Klänge verursachen jede Menge Turbulenzen und stellen Tods Enkelin von ungeahnte Probleme: Sie verliebt sich unsterblich in den Gitarristen der „Band mit Steinen drin“…
Susanne weiß gar nicht wie ihr geschieht, als im Internat von Frau Anstand plötzlich ein kleines Rattenskelett auftaucht, das ihr seltsam bekannt vorkommt. Noch seltsamer wird die Sache aber, als im Internatsstall auch noch ein Pferd auftaucht, das nicht so genau weiß, wo sich der Boden befindet. Trotzdem wird Susanne das Gefühl nicht los, dass sie bereits als kleines Mädchen auf dessen Rücken geritten ist. Während die Erinnerungen von Tods Enkelin langsam zurückkehren, versucht dieser alles zu vergessen. Das ist natürlich für eine Persönlichkeit wie den Tod gar nicht leicht, denn er erinnert sich selbst an die Dinge, die noch geschehen werden und das schlimmste überhaupt: Er vergisst nie.
In der Hauptstadt Ankh-Morpork hingegen trifft der junge Barde Imp mit seiner Harfe ein. Schon bald muss er feststellen, dass so eine Metropole einige Gefahren birgt, unter anderem Musikergilden, Gestalten wie Zwerge, Trolle und die Nachtwache, aber auch mysteriöse kleine Läden, die plötzlich alte Musikinstrumente verkaufen und genauso eins benötigt der Barde auch, nachdem sein neuer Trollfreund sich auf die Harfe setzt und das Instrument zerstört. Eine alte Gitarre soll der Ersatz sein und auf wundersame Weise spielen die drei neuen Freunde eine Musik, die nicht nur die Zauberer der Unsichtbaren Universität vom Hocker reißt, sondern die gesamte Scheibenwelt. Plötzlich sind die drei Musiker keine Musiker mehr, sondern eine Band. Brauchen einen Bandnamen und überhaupt brauchen sie neue Namen und die Musik braucht auch einen. Die Musik mit Steinen drin geht auf Tour und Herr Schnapper sieht nur noch die Dollarzeichen, bis es zum großen Show-Down beim kostenlosen Konzert für alle kommt und das findet natürlich auf einer Wiese und Draussen statt. Und wer ist eigentlich dieses Mädchen in dem schwarzen Spitzenkleid, das andauernd auftaucht, aber von keinem gesehen wird? Und wie entkommt man einer Musikergilde, die einen am Musizieren hindern will? Selbst der Erzkanzler der Unsichtbaren Universität kann die Entwicklungen nicht fassen und greift zu drastischen Maßnahmen: Er spricht mit Studenten!
Während die Scheibenwelt dem Rock’n’Roll verfällt, landet Tod in der Fremdenlegion und versucht zu vergessen, doch das scheint nicht zu gelingen, hilft allerdings beim Nachdenken, aber nur solange, bis er auf die Idee kommt, sich gnadenlos zu betrinken und wo auf der Scheibenwelt könnte das wohl besser funktionieren, als in der Geflickten Trommel in Ankh-Morpork?
Mit „Rollende Steine“ liefert Pratchett nicht nur eine tolle Satire auf die Rockmusik und ihre Auswüchse, sondern einen der besseren Scheibenwelt-Romane. Hier gibt es nicht nur ein Wiedersehen mit beliebten Charakteren wie Tod, der Nachtwache und Herrn Schnapper, sondern auch dem Bibliothekar und Erzkanzler Ridcully. Allein bei den vielen Namen lässt sich schon erahnen, dass dies eher ein Roman für die Fans von Pratchett ist und dieser sich nicht als Einstiegsbuch in die Scheibenwelt eignet. Doch er ist voller Witz und Anspielungen nicht nur auf die Musikbranche, sondern auch auf das Erwachsenwerden, die Konflikte zwischen Alt und Jung und vor allem Drugs, Sex and Rock‘n‘Roll.
Eigene Meinung
Nachdem mir einige der vorherigen Scheibenweltromane nicht ganz so gut gefallen haben, ist Rollende Steine wieder einmal ein Meisterwerk von Pratchett. Mit unglaublich interessanten Ideen verbindet er gleich mehrere Themen wie Musik-Hypes, Wissenschaft, menschliche Lebenskrisen und die Möglichkeit des Unmöglichen. In diesem Roman stellt er besonders den Wahnsinn der Musikindustrie dar. Sei es in der Figur von Herrn Schnapper, der hier den skrupellosen Musik-Manager darstellt oder Tod, der in eine Sinnkrise gerät und versucht die Beziehung zu seiner Enkelin wieder aufzubauen, nachdem sie halb Mensch halb Personifizierung seiner selbst, gezwungen ist, seine Aufgabe zu übernehmen. Hier geht es um das Erwachsenwerden, den Konflikt zwischen den Generationen und sei es nur die Diskussion darüber, warum das Zimmer wieder einmal nicht aufgeräumt ist und wo man eigentlich herkommt, wo man hingehört. Es geht um Musik, als verbindendes Element und die ausbeutende Industrie dahinter. Um Wissenschaft, wie sie durch Zufall und ausprobieren Wege findet, Musik zu „konservieren“, kopieren und letztendlich geht es um ein Lebensgefühl, selbst für den Tod.
Doch Pratchett wäre nicht Pratchett, wenn er es nicht schaffen würde, all diese Themen von ihrer komischen Seite zu zeigen. In diesem Roman gibt es mehrere Szenen, an denen ich herzlich gelacht und mich gefreut habe, viele liebgewonnene Charaktere der Scheibenwelt wiederzutreffen.
Eine kniffelige Sache ist allerdings der Schluss des Buches. Obwohl ich einige Absätze mehrmals gelesen habe, bin ich mir nicht sicher alles genau verstanden zu haben. Das kann aber daran liegen, dass Pratchett sich hier der Option seines Muliversums bedient und es auch noch um eine Szene mit Tod und Susanne geht. Da per Definition alle Dinge passieren, die passieren können, bricht das Chaos aus, welches der Autor gerne mit Sätze wie: „Dann passierten plötzlich so viele Dinge gleichzeitig, dass später keiner mehr sagen konnte, was passiert war— einleitet. Gut, mit so einem Vorgehen kann man gegebenenfalls auftretende Logikfehler aushebeln, aber eben die Optionen eines Multiversums darstellen, was zu einem gewissen Durcheinander führen muss.
Trotzdem, dieser Roman ist ein Vergnügen für alle Fans und wärmstens empfohlen, wenn man schon einige vorherige Bücher gelesen hat. Auch freut es mich sehr, ein weiteres Exemplar mit altem Cover zu besitzen. Weiterhin sind die neuen Cover vom Manhattan Verlag unglaublich hässlich. Man kann es nicht oft genug sagen und schreiben.
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Mit diesem Buch setze ich ein weiteres Häkchen im meiner Reading Challenge 2015. Denn das Kreuz bei „a funny book“ kann mit Pratchett nicht treffender gesetzt werden.
„In Llamedos, einem kleinen Land in den Bergen, regnete es ständig. Regen war der wichtigste Exportartikel. Es gab sogar Regenminen.“
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„Barden scherten sich nur um die Meinung anderer Barden, die ein ganzes Leben lang lernten, wie man sich Musik anhörte.“
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„Zwerge galten als besonders hartnäckige Feilscher, die in Scharfsinn und geschäftstüchtiger Unverschämtheit nur alten Frauen nachstanden.“
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„Wer glaubte, den Tod nicht zu verdienen, sollte beim Universum Berufung einlegen. Das zeigte dann bestimmt Einsicht und erlaubte dem Betreffenden, noch etwas länger zu leben.“
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„Die Gäste der Trommel waren sehr demokratisch in Bezug auf Aggressivität: Sich achteten darauf, dass alle etwas davon abbekamen.“
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“‘Potzblitz! Wir haben gerade Markblatts Theorie der thaumischen Unwägbarkeit widerlegt! Toll!‘ .. Offenbar sahen sie darin nicht etwa eine Unhöflichkeit, sondern etwas, auf das man stolz sein konnte…“
“‘Äh…kann der Tod Selbstmord begehen? Was wäre das? Mortizid?..“
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