Expedition zu den Polen
Steffen Möller
Viel ist geschehen, seit der Autor und Kabarettist Steffen Möller in seinem Bestseller „Viva Polonia“ vom Leben als deutscher Gastarbeiter in Polen berichtete: Das einstige Land der Autodiebe und Spargelstecher hat sich zum EU-Musterknaben und zum drittbeliebtesten Auswanderungsland der Deutschen gemausert In seinem neuen Buch betätigt sich Möller als Reiseführer und lädt zu einer amüsanten Bahnfahrt nach Warschau ein…
Eine Zugfahrt von Berlin nach Warschau ohne große Vorkommnisse, dafür gespickt mit Anekdoten und selbstverständlich Vorurteilen, die allerdings durchaus liebevoll beschrieben und auch entkräftet werden. Amüsant und leicht geschrieben.
Eigene Meinung
Tja, die kurze Beschreibung des Buches lässt schon darauf schließen, wie ich dieses Buch einstufe. Wohlgemerkt, den Bestseller „Viva Polonia“ habe ich nicht gelesen.
Die kleinen Erzählungen kommen amüsant daher, aber letzten Endes ist es ein Reisebericht zwischen Speisewagen und Abteil. Der Autor trifft unterschiedliche Menschen, darunter Polen und Deutsche und beobachtet sie, kommt mal ins Gespräch und dazwischen wird einem erklärt, was es denn nun mit den beiden Nationen auf sich hat. Seien es die Hausschuhe, Beschwerden oder Improvisation. So fährt man als Leser dahin und fragt sich nach einer Weile, was diese Zugfahrt wohl von anderen unterscheidet. Im Grunde nichts.
Es kann aber durchaus sein, dass sich für eine Deutsch-Polin (oder bin ich eine Polen-Deutsche) alles nach dem Motto „genauso ist es“ oder „hier übertreibt er jetzt aber ein bisschen“ liest. Klar, manch lustige Sache und Wahrheit findet sich in diesem Buch. Bestes Beispiel ist die emotionale Intelligenz oder die Sache mit den Komplimenten. Tatsächlich sind die Deutschen ein Volk der Kompliment-Muffel.
Trotzdem muss man Möller zugutehalten, dass er hier und da wirklich informative und gute Passagen hat einfließen lassen. Sei es über das Gesundheitssystem, den Unterricht, Politik, Weihnachtsbräuche oder die Nummernschilder der Autos. Die Erklärungen sind nie zu lang und sehr gut in die Stationen der Reise aufgenommen.
Dieses Buch ist auf jeden Fall für alle Polen-Fans eine sehr amüsante Lektüre. Wer etwas über Polen erfahren möchte, wird daran ebenfalls seine Freude haben.
Eine treffende Sache sei allerdings aufgeführt. Ja, die Deutschen sind Weltmeister im Nörgeln, Beschweren und Kritisieren wie es diese Textstelle zeigt:
“Der Direktor des sehr sehenswerten Stadtmuseums von Wroclaw erzählte mir wutentbrannt, dass er einmal eine deutsche Reisegruppe fast sechs Stunden lang durch sein Museum geführt habe. Am Ende habe ihn ein distinguierter älterer Herr beiseite genommen und gesagt: „Entschuldigung, im Barocksaal ist eine vergoldete Wandleiste abgebrochen. Das sollten Sie reparieren lassen!—
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