Tanzt im Winde wie ein Mädchen
Werner Lindemann
Kleine vergnügliche Geschichten mit Illustrationen von Horst Schmedemann
Jahreszeiten, Tiere oder Besuch. Als kurze Erzählung oder Gedicht. In diesem kleinen Buch schreibt Werner Lindemann über sein Leben auf dem Land, erzählt von seiner Katze und den Schafen, berichtet über Erlebnisse mit der Enkelin. Es sind Beobachtungen der Welt, die uns umgibt. Bäume, alte Boote, Novembertage und Speck.
In klaren und sehr gefühlvollen Worten zeigt Lindemann die Schönheit des Alltags. Zieht so offensichtliche Parallelen, dass man sich selbst wundern mag, warum einem das noch niemals selbst aufgefallen ist. Er staunt über seine Katze und macht sich über den stolzen, aber feigen Hahn lustig, ärgert sich über Mitmenschen und genießt Mozart zur Nachtzeit.
Zudem finden sich Bilder und Zeichnungen von Schmedemann. Besonders schön die Landschaftsbilder, die hervorragend zu den manchmal doch melancholischen Texten passen. Doch eine Botschaft haben alle seine Geschichten: wir sind wie die Natur – sie ist wie wir. Ein Dummkopf, der etwas anderes behaupten will.
„Warum flüchtet sie nicht weiter? Ist der Trieb stärker als der Schmerz?“
„Nicht jeder, der denkt, denkt.“
„Wer bewegt wird, bewegt wohl nichts mehr.“
Ein Lesevergnügen für jede kleine Pause, wenn man etwas Ruhe braucht und einfach zum Lächeln gebracht werden möchte. Die Geschichten sind wirklich sehr kurz. Manchmal nur einige Zeilen lang. Doch Lindemann schafft es, in diesen wenigen Worten eine klare Aussage zu formulieren. Die personifizierte Natur ist hierbei ein beliebtes Motiv. Daher wohl auch der Titel „Tanzt im Winde wie ein Mädchen“ gemeint ist die Birke. Ein Buch, das man sicherlich mehr als einmal zur Hand nimmt. Es ist die perfekte Beilage zu einem heißen Tee nach einem langen und nassen Herbstspaziergang.
Bemerkung am Rande
Gewiss, ich hätte Werner Lindemann wohl nie entdeckt und gelesen, wenn ich nicht ein Fan der Band Rammstein wäre und mich bereits die Gedichte und Texte von Till Lindemann begeistert hätten. Nach den ersten Interpretationen von Rammsteins Songtexten wollte ich zum Vergleich etwas von seinem Vater lesen, um herauszufinden, ob der Sohn den Vater kopiert oder sich die beiden im Schreibstil ähneln. Hat der Ältere den Jüngeren beeinflusst oder stark geprägt? Kann und sollte man einen Vergleich ziehen?
Nach diesem kleinen Buch kann man das selbstverständlich nicht. Doch man kann durchaus eine gemeinsame Basis erkennen. Sowohl Vater als auch Sohn beobachten genau und haben vermutlich eine gemeinsame Vorliebe für Metaphern und die Personifikation. Ich freue mich sehr, dass es über Amazon noch diese kleinen Schätze zu kaufen gibt, wenn auch gebraucht. Der Inhalt jedenfalls ist nicht gealtert.
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