Kurt Tucholsky für Boshafte
Kurt Tucholsky
Ausgewählt von Christine M. Kaiser
„Die Verwandtschaft ist eine Plage, die der liebe Gott sonst ganz gesunden Menschen auferlegt hat, damit sie nicht zu übermütig werden.“
In zwölf Kapitel unterteilt, hat Christine M. Kaiser scharfzüngige Zitate von Tucholsky zusammengestellt, die so zeitlos sind, dass man meinen möchte, er habe sie für unser Jahrhundert verfasst. In diesem kleinen Büchlein bekommt jeder sein Fett weg. So titelt das erste Kapitel “Ein Horizont wie ein Schnapsglas“ und das letzte „die menschliche Dummheit ist international“. Man muss schon mutig sein und eine angemessene Portion Selbstironie mitbringen, wenn man diese kleine, aber sehr feine Lektüre tatsächlich genießen möchte, denn man ist nicht davor gefeit, dass es einen selbst auf der nächsten Seite erwischt. Egal ob Politik, Beamte, Presse oder Frauen. In diesem Buch findet sich jeder einmal wieder.
Die Zitate kommen erbarmungslos daher. Kurz und auf den Punkt gebracht, nützt auch keine Verteidigung. Ein sehr schönes Werk, das auch diejenigen begeistert, die bisher nichts von Tucholsky gelesen haben. Nach diesem Buch tun sie es bestimmt.
„Jede beachtliche Gesellschaft hat wenigstens eine Wahrheit: ihre gesellschaftliche Lüge.“
„Das Fett, mit dem der mittlere deutsche Parteiführer das Wort ‚Berufsbeamtentum‘ ausspricht … wenn doch nur jeder Arbeitslose so viel Fett auf seinem Bort hätte!“
„Denn wo käme man hin, wenn man in sich ginge!“
„Das Neudeutsch aber soll der Teufel holen. Und der wird sich schwer hüten: denn der Teufel ist ein Mann von Jahrhunderte altem Geschmack.“
Ein Zitat hat sich ganz besonders in mein Gedächtnis gebrannt. Dies sollten sich vor allem diejenigen zu Herzen nehmen, die nichts anderes tun, als die Arbeit anderer zu kommentieren, kritisieren und ganz besonders diejenigen, die sowieso immer alles besser wissen und können, aber noch nie selbst etwas auf die Reihe gebracht haben:
„Jeder, der kritisch tätig ist, sollte täglich dreimal dieses Gebet beten: Damit, daß du kritisierst, bist du dem Werk nicht überlegen; dadurch bist du ihm nicht überlegen; dadurch bist du ihm nicht überlegen.“
Lange Zeit war ich unsicher, doch jetzt kann ich ruhigen Gewissens behaupten: ja, ich mag Tucholsky. Ein tolles Buch für unterwegs und als Geschenk. Sehr empfehlenswert!
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