Gedanken zu Grass
Was gesagt werden muss
„Warum schweige ich, verschweige zu lange, was offensichtlich ist und in Planspielen geübt wurde, an deren Ende als Überlebende wir allenfalls Fußnoten sind. …“
– Günter Grass –
Ja, schon erstaunlich, wie uns ein so alter Mann schocken kann. Ohne große Taten, lediglich mit Worten.
Und wenn wir ganz ehrlich sind, würde uns dieses Gedicht überhaupt nicht interessieren, wenn der Verfasser nicht zufällig ein Literaturnobelpreisträger mit Vergangenheit wäre. Wahrscheinlich würde man es als dummes Stammtischgelaber abtun, wenn ein anderer Name unter den Zeilen stünde. Vielleicht würden dann sogar wesentlich mehr Köpfe nicken oder zustimmendes Gemurmel erklingen. Jetzt traut sich keiner so recht.
Wollen wir nochmal ehrlich sein: Interessiert es wirklich jemanden, ob Grass in Israel eine unerwünschte Person ist? Nein, tut es nicht. Genau so wenig interessiert es uns, ob im Iran Menschen die Möglichkeit haben, irgendeine Art von dummem Geschwätz von sich zu geben, ohne befürchten zu müssen gefoltert zu werden. Es juckt uns überhaupt nicht, wessen Kind sich an der Grenze zweier Länder in die Luft sprengt. Keiner hört mehr hin, wenn ein Bericht über fanatische Israelis kommt. Nach all den Jahren sind auch wir abgestumpft. Warum also ausgerechnet jetzt diese Aufregung?
Ein letztes Mal wenden wir uns der Ehrlichkeit zu: In zwei Wochen erinnert sich keiner mehr an Grass und sein Gedicht. U-Boot hin oder her. Egal was dort passiert. Außer einer durch die Medien aufgeblasenen Empörung war da also nicht viel. Wieder einmal nur heiße Luft.
Doch ein Beigeschmack wird bleiben. Woran werden wir uns erinnern, wenn wir in einem Jahr oder in drei über Grass oder eins seiner Werke diskutieren? Werden wir dieses Gedicht, als die komischen Gedanken eines alten Mannes abtun? Bleibt wohl nur für die heutigen Kritiker zu hoffen, dass er mit dem Geschriebenen nicht Recht behält. Wie unangenehm.
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