Martha im Gepäck

Martha im Gepäck
Ulrike Herwig

Karen Thieme freut sich auf die Sommerferien, da sitzt plötzlich Tante Martha auf der Rückbank des Familienkombis. So viel Nähe sollte eigentlich nicht sein. Soch Tante Martha stellt die Schottlandreise auf den Kopf.
Sie zockt Truckfahrer beim Pokern ab, kennt sich überraschend gut mit Whisky aus und bringt die Familie in einem hochherrschaftlichen Castle unter. Und Martha hat noch mehr Trümpfe im Ärmel.

Eigentlich verrät der Klapptext schon ziemlich viel und doch gar nichts. Familie Thieme besteht aus Vater Bernd, Mutter Karen, dem 14 jährigen Mark und der kleinen Teresa. In genau dieser Konstellation wollen sie nach Schottland fahren. Doch als Karen ihrer Großtante, von der sie sich ein großes Erbe verspricht, noch schnell Tschüss sagen will, besteht diese darauf mitgenommen zu werden.
Karen kann nicht nein sagen, da sie um ihr Erbe fürchtet. Dem einzigen Lichtblick in ihrem so tristen und schlicht scheinenden Leben. So sitzt Tante Marha, die von der ganzen Familie für senil und absolut „plemplem“ gehalten wird, tatsächlich im Van und reist in einen Schottenrock gekleidet mit.
Als sie an Bord der Fähre ihren mitgebrachten Sonnenschirm aufspannt und anfängt vor den anderen Gästen Pirouetten zu drehen, scheint der Urlaub für Karen gelaufen. Was muss man nicht alles über sich ergehen lassen, um an das Geld der Verwandtschaft zu kommen…

In 30 Kapiteln beschreibt Herwig schnell und einfach den Familienurlaub der Thiemes und lässt dabei ihre Protagonistin Karen manchmal richtig leiden. Diese ist Mitte 40, frustrierte Bankangestellte, vernachlässigte Ehefrau und aufgeriebene Mutter, die sich in ihrem wohlverdienten Urlaub auch noch um die verschrobene Großtante kümmern muss. Diese verhält sich auch ganz und gar nicht so, wie man es von einer Frau in diesem Alters erwartet. Das einzig erstaunlich ist, dass ausgerechnet Martha die Familie auf der Reise nach Schottland nicht nur einmal aus dem Schlamassel zieht. Erst als Martha auch noch besser Englisch versteht und spricht, als erwartet, merkt Karen so langsam, dass sie eigentlich gar nichts über ihre Tante weiß, noch nicht mal, ob es überhaupt ein Erbe gibt.

Ein wunderbar geschriebenes Buch mit aktuellem Thema. Sehr oft wird der Generationenkonflikt auf der Ebene Eltern-Kind behandelt. Ulrike Herwig beleuchtet ihn auf amüsante und doch sehr ehrliche Weise mal von einer ganz anderen Seite. In Karen sehen wir die typische Erbschleicherin von heute. Nein, sie ist nicht gierig oder böse, aber nett zu ihrer Großtante ist sie letztendlich nur aus einem Grund: sie will Marthas Geld. Irgendwann zumindest. Das Geld wird dann endlich ihr Leben verändern.
Was hinter dem Menschen steckt, wer die Großtante ist und welche Lebensgeschichte sie hat, ist weniger von Interesse. Erst als Martha sie mit der unverblümten Wahrheit konfrontiert, fängt Karen an nachzudenken. Und Tante Martha ist sehr ehrlich…

“…„Dann zieh dir doch in Gottes Namen mal was Vernünftiges an. So kann das ja nichts werden. Diese flachen Treter, dieser formlose Sack an deinen Beinen…Du musst zeigen, was du hast. Bist doch noch nicht mal fünfzig, das behauptest du jedenfalls dauernd.“
Ich…
Du willst doch noch bemerkt werden, oder?“…“

Ganz tolles Buch. Leicht und locker geschrieben. Schöne Charaktere, nicht überzogen, aber mit einer Prise Humor und Lebensweisheit. Schöne Lektüre für einen entspannten Nachmittag.

Ein herzliches Dankeschön geht an vorablesen.de für das Rezensionsexemplar. Eine unterhaltsame und angenehme Lektüre.
Marion von Schröder Verlag – ISBN-13: 978-3-547-71180-6

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