Chill mal, Frau Freitag

Chill mal, Frau Freitag

Frau Freitag

Eine der Lieblingsbeschimpfungen aller Schüler ist ja Spast. Jedes Mal, wenn ich das Wort höre, frage ich die Schüler: „Weißt du denn, was ein Spast ist?“ Und ich bekomme immer die gleiche Antwort: „Ja, klar. Ein Spast ist ein kleiner Vogel.“ Da steht also ein riesiger arabischer Schüler vor mir, wahrscheinlich mit Totschläger und Messer in der Tasche und einer kiloschweren Schüler- und Polizeiakte, und denkt, ein Spast sei ein kleiner Vogel.

Man begleitet Frau Freitag durch ein ganz normales Schuljahr an einer Gesamtschule. Sie unterrichtet die Klassen 7 bis 12 und ist zudem noch Klassenlehrerin in einer 9. Klasse. Ihre Klasse scheint die schlimmste überhaupt zu sein, denn ständig beschweren sich die Kollegen, dass ihre Schüler laut, unverschämt oder einfach gar nicht im Unterricht sind.
Frau Freitag ist Lehrerin aus Leidenschaft und unterrichtet Kunst und Englisch. Sie beschreibt ihren alltäglichen Wahnsinn an der Schule und zum Lehreralltag gehören ebenfalls die Probleme der Schüler. Doch wie soll man Kinder und Jugendliche überhaupt unterrichten, wenn sie erst gar nicht erscheinen oder nur sehr sporadisch? Wie motiviert man sie, etwas zu lernen, wenn fast alle Mädchen denken, sie werden einen reichen Mann heiraten und die Jungs alle im Geschäft des Vaters arbeiten? Wie erklärt man einem 15-Jährigen, dass ein Bäckergeselle keine 5.000 Euro im Monat verdient?

Mit viel Witz und einem Spritzer Selbstkritik erzählt Frau Freitag nicht nur aus dem Lehrer- sondern auch aus dem Schüleralltag. Oft geht es um die kleinen Alltagssituationen, die denen mehr gelernt wird, als im Unterricht. Ohne Fingerzeig macht Frau Freitag auf die Probleme der Lehrer an unseren Schulen aufmerksam, denn wie will man unterrichten, wenn keiner kommt? Wie will man Kindern etwas vermitteln, wenn sie noch nicht mal einen Bleistift dabei haben? Was bringen Briefe und Anrufe, wenn die Eltern kein Deutsch sprechen oder viel schlimmer noch, sich überhaupt nicht für ihre Kinder interessieren? Nein, Frau Freitag klagt nicht, sondern versucht Nichtlehrern, die sie sowieso bemitleidet, näher zu bringen, dass die Probleme doch woanders liegen, als nur und ausschließlich im Klassenzimmer.
Obwohl einige ernste Themen angesprochen werden, bleibt der Humor nicht auf der Strecke, sodass man an vielen Stellen beherzt und laut los lachen muss.

Einige Situationen wiederholen sich und es wird hier und da ein bisschen langweilig. Das ist allerdings nicht weiter schlimm, da die einzelnen Erzählungen sehr kurz geschrieben sind und manchmal nur über eine bis zwei Seiten gehen. So liest man recht zügig darüber hinweg.
Für alle Lehrer und Nichtlehrer geeignet und auf jeden Fall eine leicht und sehr kurzweilige Lesekost.

“Fräulein Krise fragt: „Ob er schon gemerkt hat, dass ihm sein Text fehlt?“ „Bestimmt“, antwortet der Deutschlehrer. „Der sitzt jetzt zu Hause und rappt seinen Entschuldigungszettel.“

Ein herzliches Dankeschön geht an vorablesen.de für das Rezensionsexemplar. Ein kurzweiliges Buch mit tollem Humor.
Ullstein Verlage – ISBN-13: 978-3-548-37399-7

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