Ich habe Freunde mitgebracht
Lucy Fricke
Was tun, wenn’s nicht mehr brennt? Wenn Träume, Socken, Ziele und Liebhaber durcheinander geraten, Erschöpfung die Wut ablöst und einem die Ausreden langsam ausgehen?
In einer Krise gibt es nichts Besseres als Freunde, denen es richtig mies geht. Dies ist ihre Geschichte.
Knallhart läßt Lucy Fricke ihre Leser mitten ins Leben von Hennig, Martha, Betty, und Jon platzen. Kein Vorspiel, keine Erklärungen und schon gar keine Schöntuerei. Ein Mann, der unbedingt seinen Traum verwirklicht sehen möchte, seine jahrelange Lebensgefährtin, die vor sich, ihm und dem Leben in regelmäßigen Abständen davon läuft, die ewige Geliebte, die ewig Zweite und der gut aussehende, aber dennoch erfolglose D- bis E-Promi. Der übliche Querschnitt durch die heutige Gesellschaft eben.
Da finden wir uns nun wieder, im Leben der vier Personen, von denen wir nichts wissen, außer das jeder auf seine Weise versucht mit sich selbst, seinen Träumen und dem Alltag, fertig zu werden. Doch was ist schon alltäglich, abgesehen von dem gewohnten Wahnsinn im Job, der jahrelangen Beziehung mit ihren Ritualen, der lang ersehnten Chance endlich alles ändern zu können? Ja, es ändert sich irgendwann immer etwas. Oft nicht annähernd so, wie man es gerne hätte.
So ergeht es auch den Vieren in Frickes Roman. Scheint das Leben für drei plötzlich die glückliche Wendung zu nehmen, ersäuft eine in tiefsten Depressionen, bis das Leben, das zu gerne als Schicksal bezeichnet wird, eine andere Richtung einschlägt oder einfach nur seinen üblichen Lauf.
Und wenn dann gar nichts mehr geht, hilft entweder abwarten oder davonlaufen.
Kurzweilig und mit einem sehr angenehmen Niveau beschreibt Lucy Fricke das Leben vierer Freunde, die nicht besonders viel gemeinsam haben, bis auf den Frust und die Resignation. Stehen sie zwar mitten im Leben, so beschreibt Fricke die nüchterne Wahrheit hinter den Fassaden. Mit treffenden und kurzen Formulierungen bringt sie die Sachen auf den Punkt, ohne auch nur einen der Charaktere völlig im Mitleid ersaufen zu lassen. Wer Gefühlsduselei sucht, wird sie in diesem Roman nicht finden. Mit einer Prise Sarkasmus und Ironie erzählt sie das Leben am Tiefpunkt.
„Kaum eine menschliche Regung kam so lahmarschig daher wie der Zweifel.“
Eigene Meinung
Auch wenn mich die Leseprobe auf vorablesen.de nicht so ganz überzeugt hatte, bin ich doch froh eins der Exemplare erhalten zu haben. Der Roman ist nahezu erschreckend ehrlich zu seinen vier Hauptfiguren, dass es schon beinahe wehtut. Wäre da nicht hier und da ein gekonntes Wortspiel und gelungene Formulierungen, die einen zum Lachen bringen, man würde selbst in Depressionen verfallen wollen.
Erstaunlicherweise klappt aber die kurze Art von Fricke komplexe Beziehungen und Gefühle auf eine Buchseite zu bannen. Sprachlich sehr gelungen. Minimalismus, wie ich ihn persönlich sehr schätze. Auf jeden Fall lesenswert und eine sehr schöne Abwechslung.
Ein herzliches Dankeschön geht an vorablesen.de für das Rezensionsexemplar. Solche Bücher liest man wirklich gerne.
Rowohlt Verlag – ISBN-13: 978-3498021306
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