Du sollst nicht lügen!
Jürgen Schmieder
Ohne Lügen geht es nicht, sagen die einen. Würden alle Menschen stets die Wahrheit sagen, wäre nicht nur Streit, sondern gar der 3. Weltkrieg vorprogrammiert. Andere dagegen wie der Philosoph Immanuel Kant etwa halten Ehrlichkeit für die wichtigste aller Tugenden.
Kann ein Mensch in einer Gesellschaft, die das Lügen nicht nur toleriert, sondern in den meisten Fällen auch noch belohnt, überhaupt überleben, wenn er nur noch die Wahrheit sagt? Der Journalist Jürgen Schmieder hat vierzig Tage lang versucht, konsequent ehrlich zu sein: im Ehebett, bei der Steuererklärung, beim Pokern – und natürlich gegenüber sich selbst. Herausgekommen ist ein urkomisches und doch nachdenkliches Buch.
22 Kapitel für 40 Tage. Doch 22 Kapitel reichen vollkommen aus, um den Protagonisten in allen uns nur zu gut bekannten Situationen zu erleben. Hier liest man Alltag und manchmal furchtbar langweilig. Da steht er also am Bahnhof, ist genervt von der Mitarbeiterin der Bahn und scheißt sie mal so richtig zusammen. Wer wünscht sich das nicht? Öfter mal den Mut zu finden endlich das zu sagen, was man gerade denkt. Im Büro bekommt er so richtig die Meinung gegeigt, er sucht nach den Lügen in der Religion, die Aussprache mit den Geschwistern, der Verrat am besten Freund und die Vorwürfe an die Eltern. Alles mit den entsprechenden erwarteten und unerwarteten Konsequenzen.
Jürgen Schmieder schildert Situationen aus unser aller Leben, in denen wir entweder uns gekonnt aus der Affäre ziehen, indem wir lügen oder lediglich etwas verschweigen oder aber ehrlich sind. Wobei manche nicht ehrlich sind, sondern einfach nur gemein.
Zwar schreibt Schmieder sehr gut und an vielen Stellen durchaus sehr lustig, das hat mir wirklich gut gefallen, aber er schreibt nun mal über sich. Fast bekommt man den Eindruck, dieses Buch ist der niedergeschriebene Selbstfindungstrip eines Kurz-vor-Dreißigjährigen, dem im Leben noch nie wirklich etwas Schlimmes passiert ist. Warum auch nicht? Sein Vergleich mit Dorian Gray und die Bezeichnung der Dorian Gray-Generation ist durchaus treffend. Bisher dachte jeder in diesem Alter, er gehöre zur Generation X. Man findet sich in der ein oder anderen Situation wieder und kommt ein bisschen ins Grübeln, mehr aber auch nicht.
Eigene Meinung
Lesenswert? Wer sich gerne ein bisschen mit Gesellschaftskritik beschäftigt und trotzdem leichte Unterhaltung sucht, der wird an diesem Buch wirklich Gefallen finden. Jürgen Schmieder schreibt keineswegs langweilig, es sind eher die Situationen. Auch schafft er es, nicht voll in irgendwelche Klischees abzudriften und diese ordentlich auszutreten. Das ist angenehm.
Persönlich habe ich von diesem Buch etwas mehr erwartet. Nun gut, Geschmäcker sind verschieden.
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