Twittertreffen und Autoren im Lesezelt – fbm 2016 II
Tatsächlich war die Orbanism Space Bühne in Halle 4 der Dreh- und Angelpunkt für viele Vertreter der digitalen Medien. Kein Wunder also, dass auch hier das Twitter- und das Bloggertreffen stattgefunden hatten. Einen krassen Kontrast zu den schlichten Messe-Bühnen bot das Lesezelt mit seinen dunkelroten (und vor allem bequemen) Stühlen und den Aromen verschiedener Tees, die Dank des Sponsors Yogi Tea in kleinen Dampfwolken durch den Zuschauerraum zogen. Dies allerdings passte sehr gut zur phantastischen Autorenrunde mit Julia Lange, Markus Heitz und Ivo Pala. Doch eins nach dem anderen.
Twittertreffen
Mit einer sehr schönen Begrüßung eröffnete Wibke Ladwig, selbst unter @sinnundverstand bekannt, die Veranstaltung. Bei der diesjährigen Messe ginge es unter anderem darum, was die Menschen miteinander in Kontakt bringt. Als „Twitterin“ für den Ehrengast Flandern/Niederlande war sie zudem aktiv, um dem Motto „Dit is wat we delen.“ – „Das ist, was wir teilen.“ Ausdruck zu verleihen. Mit den Worten „Länder teilen nichts, sondern Menschen“ und dass man einem Land ein Gesicht geben sollte, fand sie eine gute Einleitung in die darauffolgenden Programmpunkte.
Mit einer Lesung aus ihrem Buch „Sitze im Bus“ konnte die unter dem Twitternamen @akkordeonistin bekannte Claudia Vamvas das Publikum begeistern. Die Grundidee ihrer Tweets ist immer „Ein Satz, ein Gedanke“ – diesen in 140 Zeichen zu verpacken, ist immer wieder eine Herausforderung. Für die Lesung hat sie einige dieser Gedanken so angeordnet, dass ein erlebnis- und gedankenreicher Tag entstanden ist. Sehr gelungen und empfehlenswert. Wer Lust hat, folgt ihr auf Twitter. Ich persönlich lese sie sehr gerne und es hat mich gefreut, sie einmal live zu erleben.
Danach folgte @milch_honig aka Sarah Berger. In ihrer Präsentation mit dem Titel #guteliebe #schlechteliebe ging es um Tweets zu genau diesem Thema und sehr einprägsam blieb der Ausdruck „Online-Dating-Kapitalismus“. Der spiegelt den heutigen Zeitgeist sehr gut wieder. Was ist digitale Liebe? Wie präsentieren wir sie auf Facebook und anderen Kanälen? Wie kommt es zu diesen vielen Missverständnissen und was bleibt am Ende? Dies alles verpackt in Tweets.
Lesezelt – Phantastisch
Gemütliche Atmosphäre, angenehmen Teeduft und ausgesprochen bequeme Stühle findet man im Lesezelt. Hier saßen am Freitagmittag der Buchmesse auch Julia Lange (Irrwichtfeuer), Markus Heitz (Wédora) und Ivo Pala (Schwarzer Horizont). In der phantastischen Runde wurde über die Entstehung der Geschichten und Welten aus diesen Fantasy-Romanen geplaudert. Dabei gaben die Autoren einige kleine Geheimnisse zu ihren Figuren, Handlungsorten und ihrer Arbeit preis.
In Erinnerung sind mir lustige und auch tiefgründige Themen geblieben. So sind Markus Heitz und Ivo Pala der Meinung, dass Sonderzeichen bei Ortsnamen und Charakteren auf jeden Fall zur Fantasy gehören. Klar, das muss besonders, mystisch und anders aussehen. Diese Aussage verleitete den Moderator zur Antwort: „Deswegen nuscheln die Moderatoren auch immer diese Worte und warten darauf, wie die Autoren sie aussprechen.“ Hier wurde viel Humor bewiesen und auch im Publikum herzlich gelacht.
Sehr schön die ehrliche Antwort von Heitz auf die oft gestellte Frage: „Wo nehmt ihr das her? Wo kommen die Ideen her?“ – „Keine Ahnung. Es ist auf einmal da.“ Ich denke, so ist es tatsächlich und es war erfrischend zu hören, dass ein erfolgreicher Autor es auch einmal ausspricht.
Hochinteressant war auch der Gedanke von Ivo Pala, den er in die Diskussion einbrachte. Er habe in seiner Jugend eine Idee für eine Geschichte gehabt und musste feststellen, dass bereits jemand anderes die gleiche gehabt und bereits umgesetzt hatte. „Dies hat mich 15 Jahre vom Schreiben abgehalten.“ Wow, dachte ich. Es ist unglaublich, was uns Menschen prägt und prägen kann. Doch auch hier hat Heitz schöne Worte gefunden: „Die Geschichte hat sehr viele Geschichten parat.“ Alle Autoren stimmten überein, dass schon sehr viele Geschichten erzählt wurden, aber es beim Schreiben nicht darum ginge, ausschließlich etwas ganz Neues zu erfinden. Es ginge darum die eigene Geschichte zu erzählen.
Zugegeben, als Debütantin ging Julia Lange zwischen den alten Hasen rechts und links von ihr ein kleines bisschen unter. Dennoch konnte sie sich und ihren Roman gut präsentieren.
Warum ich nicht zum Bloggertreffen gegangen bin
Bei den vielen Veranstaltungen an dem einen Messetag, an dem ich in Frankfurt war, konnte ich nicht an allen teilnehmen und gegen eine habe ich mich bewusst entschieden: Bloggertreffen.
Hier bin ich mir bis heute nicht sicher, was mit dieser Veranstaltung, die großen Zulauf hatte wie man auf den eingestellten Bildern im Web sehen kann, bezweckt werden sollte. Auf der einen Seite wurde präsentiert, wie man ein Kleingewerbe anmeldet, um mit der Tätigkeit Internetdienstleistung/Blog Geld zu verdienen, auf der anderen ging es um Rechtschreibfehler in Rezensionen und in Blogbeiträgen. Wenn das mal keine ordentliche Themenspanne ist!
Und da frage ich mich wirklich, was sich die Veranstalter von dieser Sache versprechen, wenn sie mittendrin so einen Post absetzen:
Okay, fassen wir die Situation kurz zusammen: Hier sitzen also Blogger und Bloggerinnen, denen gerade erklärt wird, dass sie mit ihren Rezensionen und Buchblogs Geld verdienen können, weil sie Werbende für die Verlage sind UND diese Personen wissen zum Teil noch nicht einmal, wie die größten Portale Deutschlands, die sich genau mit diesen Themen beschäftigen, funktionieren? DAS IST IRRE!
Wie kann man davon ausgehen, dass Portale wie lovelybooks.de kein Geld verdienen ODER nicht von Verlagen dafür bezahlt werden, um Leserunden, Verlosungen und andere Aktivtäten auf dem Portal durchzuführen? Ist es so uninteressant? Und wie naiv kann man an ein Thema herangehen, mit dem man anscheinend Geld verdienen möchte? Das alles erscheint so absurd.
Dennoch finde ich es gut, dass hier etwas Aufklärungsarbeit geleistet wird. Sicherlich gibt es sehr gute Blogger, die tatsächlich nahezu professionelle PR für Verlage auf ihren Privatblogs betreiben und dafür keinen Cent sehen. Das ist nicht fair, aber auch sehe ich die Blogger in der Verantwortung, wie sie gegenüber den Verlagen auftreten. Diese Blogger sollten sich ausführliche Gedanken über ein Geschäftsmodell für ihre Arbeit machen und wie sie mit den Verlagen entsprechende Vereinbarungen treffen.
Daneben gibt es aber unzählige Buchblogs, die qualitativ minderwertigen Content liefern und die Rezensionen einfach nur hinrotzen, zum Teil handelt es sich gar nicht um Rezensionen, sondern um abgetippte Klappentexte, eine kurze Bemerkung zum Cover, dazu drei Sätze a la „Voll schön!“.
Unterhält man sich zudem mit den Verantwortlichen bei Verlagen, kommt man sehr ins Staunen über die E-Mails und Forderungen, die diese Blogger stellen. „Schickt mal ein paar Lesezeichen und Goodies, dann kann ich ein Gewinnspiel machen“ oder „E-Book will ich nicht, ich nehme nur Print.“.
Tja, in der Sache bin ich wirklich gespaltener Meinung und rege mich genauso über Verlage, Dienstleister, Selfpublisher wie Blogger gleichermaßen gerne auf.
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