Blogbuster 2017 Preis der Literaturblogger – fbm 2016 I
Schon seit einiger Zeit tobt ein Kleinkrieg zwischen den Literaturkritikern und den Literaturbloggern. Es wird mal amüsant mal beleidigend geschrieben und über die jeweils andere Seite berichtet. Meistens geht es darum, wer nun tatsächlich den Anspruch auf die Kritik erheben kann und darf. Bisher steht es wohl unentschieden. Mit dem Projekt Blogbuster 2017 scheinen sich zwei noch strikt getrennte Welten aufeinander zuzubewegen.
Auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse wurde das Projekt Blogbuster 2017 vorgestellt, welches unter der Federführung von Tobias Nazime steht, der unter anderem den bekannten Literaturblog buchrevier betreibt. Moderiert wurde die Runde der Jurymitglieder und Partner von Felix Wegener.
Der von Literaturbloggern initiierte Buchpreis bietet Autoren die Möglichkeit, einen neuen Weg zu gehen: Manuskripte werden nicht zuerst von einem Verlag bewertet, sondern von ausgewählten Literaturbloggern. Diese wiederrum schlagen geeignete Werke einer fünfköpfigen Jury vor. Dem Gewinner winkt die Publikation bei einem namhaften Verlag. Gesucht wird Gegenwartsliteratur und Einsendeschluss ist bereits der 31. Dezember 2016! Genauere Informationen finden sich unter blogbuster-preis.de
Fünf Jurymitglieder und interessante Meinungen
Bereits der Auftritt der Jurymitglieder auf der Orbanism Space Bühne in Halle 4 war ein Hingucker. So griffen die Herren, unter Ihnen auch Herr Denis Scheck, der sich an diesem Tag passend zum klassischen dunklen Anzug für knallorangene Socken entschieden hatte, beherzt zum Bier. Während Elisabeth Ruge, die einzige Dame in der Runde, einen Ticken zu spät aufkreuzte und gerade rechtzeitig einen Kaffee serviert bekam – vom Moderator Felix Wegener. Das ist nicht nur sehr höflich, sondern kommt ausgesprochen sympathisch rüber.
Nachdem Tobias Nazemi das Projekt in einigen Sätzen vorgestellt und die Partner präsentiert hatte, zu denen der Verlag Klett-Cotta gehört, ergriff Tom Kraushaar als dessen Vertreter auf dem Podium das Wort. Zwar sei dieses Projekt für den Verlag ein Wagnis und Klett-Cotta könne bei diesem ersten Mal auf keinerlei Erfahrungen zurückgreifen (der Verlags-Partner soll jedes Jahr wechseln), doch sähe man in Literaturbloggern die idealen Leser. Schließlich seien sie mit der Materie vertraut und würden sich entsprechend gut auskennen. Tatsächlich darf der Verlagspartner einige Vorgaben für die Manuskripte machen, die eingereicht werden können. So soll es sich bei der Premiere um weltzugewandte Gegenwartsliteratur handeln. Keine Krimis, keine Fantasy.
Frau Elisabeth Ruge (Inhaberin der gleichnamigen Literaturagentur) ergänzte zudem, dass man mit diesem Projekt einen anderen Blick auf die Manuskripte wagen kann und soll. In Deutschland würden die Dinge gerne schwarz/weiß gesehen. Die Diskussionen drehen sich aktuell darum, dass „die Blogger“ eben „die alte Kritik“ ablösen werden, doch haben sich auf beiden Seiten Routinen eingefahren und es täte allen gut, wenn mehr Bewegung in diesen Bereich käme. So könnte die Langeweile der „Alten“ etwas weichen und die „Blogger“ durchaus auch von den Erfahrenen hinzulernen.
Positive und sehr motivierende Worte fand auch Denis Scheck: „Wir kommen nicht als Literaturkritiker oder Literaturblogger zur Welt.“ Schließlich seien es doch dieselben Gruppen, die entweder die Feuilletons und/oder Literaturblogs lesen. Blogbuster 2017 ist endlich etwas Neues. Zudem solle man nicht berechenbar bleiben.
Zum Ende hin erklärte Tobias Nazime, wie die 15 Buchblogger ausgewählt worden sind.
Bekannte Blogs und ihre Autoren
Sehr schön war die Vorstellung der einzelnen Blogger und es waren fast alle teilnehmenden anwesend. Jeder wurde persönlich vorgestellt und hatte zudem die Gelegenheit, einige Worte an das Publikum und die Autoren zu richten. Hier wurde auch die Vielfältigkeit der Blog-Autoren sichtbar.
So äußerte sich Katharina Herrmann von Kulturgeschwätz sehr deutlich: Sie möchte Gesellschaftskritik lesen und über Politik, nicht immer diese Selbstfindungssachen. Auch Sonja Graus von LUST ZU LESEN fand gute Worte. Es ginge darum, die anderen Perlen zu lesen, nicht immer nur die Bestseller. Der unter Kaffeehaussitzer bekannte Uwe Kalkowski hingegen will mehr über die Einzelgänger lesen und hält Happy Ends für überschätzt.
Alle Literaturblogger werden unter blogbuster-preis.de/blogs kurz vorgestellt. Die meisten sind geläufig. Dies war natürlich auch eins der Auswahlkriterien. Hier erklärte Tobias Nazemi sehr deutlich, dass man bewusst bekannte Blogger mit entsprechender Reichweite und somit Leserschaft ausgewählt habe, um das Projekt bekannt und somit auch erfolgreich zu machen.
Blogger bestimmen, welche Manuskripte das Zeug zu einem Bestseller haben?
Eine ziemlich geniale Idee und ich finde es sehr gut, dass man mit Klett-Cotta einen Verlag gefunden hat, der sich was traut. Mit Denis Scheck in der Jury wird zudem endlich eine Brücke, nicht nur zwischen zwei „Kulturen“, sondern sicherlich auch zwischen Generationen geschlagen.
Ich bin sehr gespannt, was dieses Projekt mit sich bringt und welches Buch dabei entstehen wird. Allen Beteiligten wünsche ich viel Vergnügen und Erfolg. Selbstverständlich werde ich diesen jungen Buchpreis genauer beobachten.
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